Kinderhandel

Der Kinderhandel gemäß § 236 Strafgesetzbuch (StGB) stellt eine Unterform des Menschenhandels dar, bei der minderjährige Opfer von (sexueller) Ausbeutung, Zwangsarbeit oder anderen Formen der Versklavung betroffen sind. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und welche Strafe droht, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Autor

Tommy Kujus

Aktualisiert

Themen auf dieser Seite

    Das sagt das Gesetz: § 236

    (1) Wer sein noch nicht achtzehn Jahre altes Kind oder seinen noch nicht achtzehn Jahre alten Mündel oder Pflegling unter grober Vernachlässigung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht einem anderen auf Dauer überlässt und dabei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer in den Fällen des Satzes 1 das Kind, den Mündel oder Pflegling auf Dauer bei sich aufnimmt und dafür ein Entgelt gewährt. (2) Wer unbefugt  1. die Adoption einer Person unter achtzehn Jahren vermittelt oder 2. eine Vermittlungstätigkeit ausübt, die zum Ziel hat, daß ein Dritter eine Person unter achtzehn Jahren auf Dauer bei sich aufnimmt, und dabei gegen Entgelt oder in der Absicht handelt, sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Ebenso wird bestraft, wer als Vermittler der Adoption einer Person unter achtzehn Jahren einer Person für die Erteilung der erforderlichen Zustimmung zur Adoption ein Entgelt gewährt. Bewirkt der Täter in den Fällen des Satzes 1, daß die vermittelte Person in das Inland oder in das Ausland verbracht wird, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. (3) Der Versuch ist strafbar. (4) Auf Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren ist zu erkennen, wenn der Täter  1. aus Gewinnsucht, gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande handelt, die sich zur fortgesetzten Begehung eines Kinderhandels verbunden hat, oder 2. das Kind oder die vermittelte Person durch die Tat in die Gefahr einer erheblichen Schädigung der körperlichen oder seelischen Entwicklung bringt. (5) In den Fällen der Absätze 1 und 3 kann das Gericht bei Beteiligten und in den Fällen der Absätze 2 und 3 bei Teilnehmern, deren Schuld unter Berücksichtigung des körperlichen oder seelischen Wohls des Kindes oder der vermittelten Person gering ist, die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von Strafe nach den Absätzen 1 bis 3 absehen.

Was ist der „Kinderhandel“? 

Kinderhandel liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich einen Minderjährigen auf Dauer einem anderen gegen Entgelt oder in Bereicherungsabsicht überlässt und die Fürsorge- und Erziehungspflicht grob vernachlässigt.  

Nach § 236 Abs. 2 StGB liegt Kinderhandel auch vor, wenn jemand unbefugt die Adoption einer minderjährigen Person vermittelt oder eine Vermittlungstätigkeit ausübt, die zum Ziel hat, dass ein Dritter eine minderjährige Person auf Dauer bei sich aufnimmt.  

Wann ist der „Kinderhandel“ strafbar? 

Der Straftatbestand schützt die ungestörte körperliche und seelische Entwicklung eines Kindes. 

Um sich nach § 236 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein. 

Tatsubjekt 

Täter nach § 236 Abs. 1 S. 1 StGB können als „Verkäufer“ sein: 

  • leibliche Eltern bzw. ein Elternteil 
  • Adoptiveltern 
  • “Scheinväter”, d.h. Väter, denen das Kind lediglich rechtlich/ehelich zugeordnet ist 
  • Väter gem. § 1592 BGB 
  • Vormund 
  • Pfleger 

Dritte können nur wegen Teilnahmedelikten (Anstiftung oder Beihilfe) bestraft werden oder wenn sie die Tathandlung nach § 236 Abs. 2 StGB erfüllen. 

Täter nach § 236 Abs. 1 S. 2 StGB sind die “Käufer” der fremden Kinder, Mündel oder Pfleglinge – Täter kann also jedermann sein. 

Kinderhandel

Tatobjekt: Minderjähriger 

Opfer von Kinderhandel nach § 236 Abs. 1 StGB kann nur das minderjährige (also unter 18-jährige) eigene Kind, der Mündel oder der Pflegling des Täters sein. 

Nach § 236 Abs. 2 StGB sind Tatopfer die zu vermittelnden minderjährigen Personen.  

Tathandlung 

Der Täter kann durch verschiedene Handlungsweisen den Straftatbestand des Kinderhandels verwirklichen. 

Nach § 236 Abs. 1 S. 1 StGB müsste der Täter sein Kind, Mündel oder Pflegling einem anderen unter grober Vernachlässigung seiner Fürsorge- und Erziehungspflicht auf Dauer überlassen. 

Ein Kind, Mündel oder Pflegling wird überlassen, wenn jemand anderem die tatsächliche Verfügungsgewalt verschafft wird, etwa durch Übergabe ohne Willen zur Rücknahme. Ein reines Dulden der Eltern reicht auch aus.  

Für eine Überlassung auf Dauer reicht sowohl das endgültige als auch das vorübergehende Überlassen (für mehrere Monate), wenn dadurch eine nachhaltige Entfremdung des Kindes von seiner gewohnten Umgebung eintritt. 

Eine grobe Vernachlässigung der Fürsorge- und Erziehungspflicht liegt vor, wenn die Tat objektiv und subjektiv schwer wiegt. Hierbei müssen alle Umstände miteinbezogen werden. Die Überlassung muss gegen Entgelt oder in Bereicherungsabsicht erfolgen. Entgelt ist dabei jede in einem Vermögensvorteil bestehende Gegenleistung (Geldzahlungen und auch Sachleistungen). 

Nach § 236 Abs. 1 S. 2 StGB wird bestraft, wer das Kind, Mündel oder Pflegling aufnimmt und dafür ein Entgelt gewährt. Ein Kind ist aufgenommen, wenn es auf Dauer in den eigenen Herrschaftsbereich aufnimmt. Ein Entgelt wird gewährt, wenn ein Vermögensvorteil als Gegenleistung fließt, versprochen oder akzeptiert wird.  

Nach § 236 Abs. 2 StGB wird bestraft, wenn Minderjährige unbefugt vermittelt werden (sog. „Vermittlertatbestand“). Dieser Tatbestand bestraft zum einen, die unbefugte Vermittlung einer Adoption (S. 1 Nr. 1) als auch das unbefugte Ausüben einer Vermittlungstätigkeit (S. 1 Nr. 2). Unbefugt in diesem Sinne sind alle Vermittlungen, die gegen verwaltungsrechtliche oder zivilrechtliche Vorschriften verstoßen.  

Schließlich wird nach § 236 Abs. 2 S. 2 StGB die Einwirkung auf andere Personen zum Zwecke der Zustimmung zur Adoption bestraft. 

Vorsatz 

Der Täter muss den Kinderhandel vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).  

Hier muss sich der Vorsatz besonders auf das Alter der betroffenen Person beziehen.  

Versuch 

Der Versuch ist nach § 236 Abs. 3 StGB strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben. 

Kinderhandel

Strafantrag 

Bei dem Kinderhandel handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich. 

Strafe  

Der Kinderhandel nach § 236 Abs. 1 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren für “Verkäufer” und “Käufer” sowie bis zu drei Jahren für “Vermittler“ bestraft. Eine Geldstrafe ist auch möglich. 

Unter bestimmten Umständen kann diese Strafe gem. § 236 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 StGB verschärft oder nach § 236 Abs. 5 StGB gemildert werden.  

Häufige Fragen

Interessante Beiträge

Weitere Beiträge aus dem Bereich des Strafrechts und des Strafverfahrens finden Sie hier:

Sie haben weitere Fragen?

Zögern Sie nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen - ob per Telefon, per e-Mail oder über unser Kontaktformular. Senden Sie uns eine unverbindliche Nachricht. Ihre Daten unterliegen der anwaltlichen Schweigepflicht. Es gelten die Hinweise zum Datenschutz.

Kontaktformular