Nachstellung

Das Gefühl von Macht und Kontrolle über eine andere Person kann viele verschiedene Ausmaße annehmen und hin zum sogenannten strafbaren Stalking gem. § 238 Strafgesetzbuch (StGB) führen. Im folgenden Beitrag erfahren Sie, welche Voraussetzung erüllt sein müssen, um den Strafbestand geltend machen zu können und welche Strafen drohen können.

Aktualisiert

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Über den AutorTommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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Was ist „Nachstellung“?

Eine Nachstellung liegt vor, wenn der Täter durch bestimmte Handlungen vorsätzlich in den Lebensbereich des Opfers eindringt und so dessen Leben maßgeblich beeinträchtigt. Dies steht dann gem. § 238 StGB wie folgt unter Strafe.

Wann ist die „Nachstellung“ strafbar?

Der Straftatbestand der Nachstellung schützt die Entschließungs- und Handlungsfreiheit des Opfers insbesondere die Freiheit der Lebensgestaltung sowie dessen seelische und körperliche Unversehrtheit. Um sich nach § 238 Abs. 1 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

Tathandlung: Unbefugtes Nachstellen

Der Täter müsste dem Opfer nachgestellt haben. Umgangssprachlich ist hier die Rede vom sogenannten Stalking. Darunter werden alle Handlungen erfasst, die durch unmittelbare oder mittelbare Annäherungen in den persönlichen Lebensbereich des Opfers eindringen und so dessen Handlungs- bzw. Entschließungsfreiheit beeinträchtigen.

Der § 238 Abs. 1 StGB zählt dabei acht verschiedene Handlungsformen der Nachstellung auf. Das sind das Aufsuchen räumlicher Nähe (Nr. 1), der Versuch der Kontaktherstellung (Nr. 2), die Kommunikation und Bestellung unter dem Namen des Opfers (Nr. 3), das Aussprechen von Drohungen (Nr. 4), die Begehung von Straftaten im Zusammenhang mit Daten (Nr. 5), die Verbreitung von Daten (Nr. 6), die öffentliche Herabwürdigung (Nr. 7) sowie vergleichbare Handlungen im Sinne der Nummern eins bis sieben (Nr. 8).

Nachstellung

Folgende Beispiele für Stalking sind demnach strafbar. Das Auflauern vor der Wohnung oder am Arbeitsplatz des Opfers (Nr. 1), die Kontaktaufnahme zum Opfers mittels Telefon, E-Mail, SMS oder über Dritte (Nr. 2), das Bestellen von Waren und Dienstleistungen im Namen des Opfers (Nr. 3), Drohungen gegenüber dem Opfer und dessen Angehörigen (Nr. 4), der unbefugte Zugang zum Email-Konto des Opfers (Nr. 5), das Verbreiten von intimen Aufnahmen (Nr. 6), die öffentliche Verkündung bzw. Ankündigung von sexuellen Fantasien oder kriminellen Handlungen im Namen des Opfers (Nr. 7) und das Zusenden von Geschenken (Nr. 8).

Das Nachstellen oder eben Stalking muss dabei unbefugt und wiederholend erfolgen. Unbefugt ist es, wenn die Handlungen gegen den ausdrücklichen oder mutmaßlichen Willen des Opfers erfolgen; mithin ohne Einverständnis. Ein wiederholendes Nachstellen setzt zudem ein beharrliches (hartnäckiges) Verhalten des Täters voraus.

Tatumstände: Beeinträchtigung des Opfers

Die Verwirklichung einer Tathandlung nach § 238 Abs. 1 Nr. 1 – 8 StGB muss dazu geeignet sein, die Lebensgestaltung des Opfers erheblich zu beeinträchtigen. Eine solche Beeinträchtigung erfolgt dann, wenn das Verhalten des Täters dazu führt, dass das Opfer seine alltäglichen Abläufe verändern oder einschränken muss. Dabei ist jede negative Folge für das Opfer ausreichend. Die Beeinträchtigungen können sich beispielsweise in einem Arbeitsplatzwechsel, einem Umzug oder in der Anschaffung einer neuen Telefonnummer äußern. Zu beachten ist, dass die Handlung nur geeignet sein muss, um das Leben des Opfers zu beeinträchtigen. Eine tatsächliche erhebliche Beeinträchtigung muss nicht erfolgen.

Die Erfolgsqualifikation nach § 238 Abs. 3 StGB

Das Gesetz sieht in § 238 Abs. 3 StGB eine Strafschärfung von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vor, wenn der Täter durch die Tat den Tod des Opfers, eines seiner Angehörigen oder einer anderen ihm nahestehenden Person verursacht. Das liegt insbesondere auch dann vor, wenn das Opfer durch die Nachstellungen des Täters zum Selbstmord verleitet wird.

Vorsatz

Der Täter muss das unbefugte Nachstellen bzw. Stalking vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen des Straftatbestandes verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter das Nachstellen billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Handelt der Täter jedoch nur fahrlässig, also lässt er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so ist dies mangels gesetzlicher Verankerung nicht strafbar.

Versuch

Der Versuch ist mangels gesetzlicher Grundlage nicht strafbar.

Nachstellung

Strafantrag

Bei der Nachstellung handelt es sich um ein sog. Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.

Vor dem Inkrafttreten der Neufassung des § 238 StGB am 01.10.2021 war die Strafverfolgung nur mittels Strafantrag durch das Opfer oder durch das Einschreiten von Amts wegen durch die Staatsanwaltschaft aufgrund besonderen öffentlichen Interesses möglich.

Strafe

Das Nachstellen gem. § 238 Abs. 1 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Eine Strafschärfung erfolgt hingegen bei besonders schweren Fällen nach § 238 Abs. 2 StGB. Hiernach droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn eine schwere Gesundheitsschädigung des Opfers verursacht wird oder der Täter eine Vielzahl von Tathandlungen begeht.

Wird der Tod eines anderen Menschen nach § 238 Abs. 3 StGB verursacht, so droht eine Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren.

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