Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen

Die Strafnorm des § 174a Strafgesetzbuch (StGB) stellt den sexuellen Missbrauch von Personen unter Strafe, soweit eine besondere Täter-Opfer-Beziehung vorliegt. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und welche Strafe droht, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Aktualisiert

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Über den AutorTommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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Was ist der „sexuelle Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen“?

Ein solcher Missbrauch liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich ein besonderes Aufsichtsverhältnis ausnutzt, um das Opfer sexuell zu missbrauchen.

Wann ist der „sexuelle Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen“ strafbar?

Der Straftatbestand schützt die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers sowie das Interesse der Betreuten und der Allgemeinheit an einer störungsfreien Funktion der Einrichtungen.

Um sich nach § 174a StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

Tatobjekt: Gefangener bzw. Verwahrte Kranke bzw. Hilfsbedürftige

Der sexuelle Missbrauch kann nur an bestimmten Personen erfolgen. Hierzu gehören unter anderen Gefangene, behördlich Verwahrte sowie Kranke und Hilfsbedürftige, die in einer öffentlichen oder privaten Einrichtung leben.

Gefangener ist, wer sich in amtlichem Gewahrsam kraft Hoheitsakt befindet. In Abgrenzung dazu ist behördlich verwahrt, wer sich im Freiheitsentzug aufgrund hoheitlicher Gewalt befindet, ohne Gefangener zu sein.

Einfach ausgedrückt bedeutet das: Gefangener ist im Wesentlichen jeder, der eine Haftstrafe verbüßt. Behördlich verwahrt sind insbesondere Sicherheitsverwahrte.

Von dem Begriff der Kranken und Hilfsbedürftigen in Einrichtungen sind unter anderem Patienten – stationär wie ambulant – in Krankenhäusern, Pflegeheimen, Rehabilitationszentren oder Heimen für Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung umfasst.

Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen

Besonderes Aufsichtsverhältnis

Zwischen dem Täter und dem Opfer muss ein besonderes Aufsichtsverhältnis bestehen. Das ergibt sich aus einer untergeordneten Stellung des Opfers und einer dazu entsprechenden übergeordneten Stellung des Täters. Das können Anstaltsleiter, Sozialarbeiter, Ausbilder, Ärzte, Krankenpfleger, Wach- und Sicherheitspersonal sein. Es ist ausreichend, wenn der Täter während des Aufsichtsverhältnisses eine Gelegenheit ausnutzt.

Tathandlung: Sexuelle Handlungen

Der Täter müsste unter Ausnutzung dieses bestimmten Aufsichtsverhältnisses das Opfer sexuell missbraucht haben. Er muss gerade die besondere Lage, in der sich das Opfer befindet, zu seinem Vorteil nutzen.

Von dem Straftatbestand werden nur sexuelle Handlungen mit Körperkontakt erfasst. Unter solchen Handlungen sind körperliche Berührungen zu verstehen – sei es Sex, Küssen oder das sexuell motivierte Berühren von Geschlechtsorganen. Der Täter muss die Handlung dann an dem Opfer selbst vornehmen, durch das Opfer an sich vornehmen lassen oder das Opfer zur Vornahme oder Duldung sexueller Handlungen an oder von einer dritten Person bestimmen. Dabei nutzt er seine Stellung aus, wenn er zumindest eine Gelegenheit durch das Verhältnis wahrnimmt.

Umfasst sind insbesondere die Fälle, bei denen ein Wärter in einer JVA gerade diese Stellung ausnutzt, um sexuelle Handlungen an einer Inhaftierten oder einem Inhaftierten vorzunehmen – etwa um Hafterleichterungen oder eine geringere Strafe in Aussicht zu stellen.

Vorsatz

Der Täter muss den sexuellen Missbrauch vorsätzlich begangen haben. Er muss diesen also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Versuch

Der Versuch ist nach § 174a Abs. 3 StGB strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter versucht, das Opfer zu sexuellen Handlungen zu überreden.

Sexueller Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen

Strafantrag

Bei einem solchen sexuellen Missbrauch handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.

Strafe

Der sexuelle Missbrauch von Gefangenen, behördlich Verwahrten oder Kranken und Hilfsbedürftigen nach § 174a StGB wird mit einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Eine Geldstrafe ist daher nicht möglich.

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