Steuerhinterziehung

Die Steuerhinterziehung stellt den relevantesten Straftatbestand im Steuerrecht dar. Die Taten richten sich nicht nach dem Strafgesetzbuch, sondern nach der Abgabenordnung (kurz: AO). Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und welche Strafe droht, lesen Sie im folgenden Beitrag. 

Autor

Tommy Kujus

Aktualisiert

Themen auf dieser Seite

    Das sagt das Gesetz:

Was ist eine „Steuerhinterziehung“? 

Eine solche Tat liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich eine rechtswidrige Steuerverkürzung herbeiführt oder einen Steuervorteil rechtswidrig erlangt. 

Wann ist eine „Steuerhinterziehung“ strafbar? 

Der Straftatbestand schützt das staatliche Interesse am vollständigen und rechtzeitigen Aufkommen von Staatseinnahmen. 

Um sich nach § 370 Abs. 1 AO strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein. 

Tatsubjekt 

Täter kann jeder sein, der verpflichtet ist, Steuern zu zahlen. 

Tathandlung 

Der Täter kann die Steuerhinterziehung durch drei verschiedene Handlungsweisen verwirklichen. Entweder er macht unrichtige oder unvollständige Angaben (Nr. 1), lässt Angaben über steuererhebliche Tatsachen weg (Nr. 2) oder unterlässt die Verwendung von Steuerzeichen oder Steuerstemplern (Nr. 3). Ein Unterlassen setzt allerdings das Bestehen einer Erklärungspflicht voraus, die sich aus den Regelungen der Abgabenordnung ergibt. Steuerzeichen und Steuerstempler dienen bei ihrer ordnungsgemäßen Verwendung als Zeichen der Bezahlung der Steuerschuld. 

Eine Steuerhinterziehung liegt beispielsweise vor, wenn der Steuerpflichtige falschen Angaben über die Höhe der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung macht. 

Taterfolg: Steuerverkürzung bzw. Steuervorteil 

Durch die oben genannten Handlungen müsste der Täter eine Steuerverkürzung oder für sich bzw. einen anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile erlangt haben. 

Vorsatz 

Der Täter muss die Steuerhinterziehung vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).  

Handelt der Täter jedoch nur leichtfertig, so kann der Täter eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO verwirklichen. Diese stellt jedoch nur eine Ordnungswidrigkeit und keine Straftat dar. Es droht dann eine Geldbuße bis zu 50.000€. Leichtfertigkeit liegt vor, wenn der Täter in besonderem Maße aus Leichtsinn oder Gleichgültigkeit, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat, wobei sich der Eintritt der Folge ihm geradezu hätte aufdrängen müssen. 

Steuerhinterziehung

Versuch 

Der Versuch ist nach § 370 Abs. 2 AO strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben. 

Strafantrag 

Bei der Steuerhinterziehung handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich. 

Strafe  

Die Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 1 AO wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.  

In besonders schweren Fällen droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren (vgl. § 370 Abs. 3 AO). Eine Geldstrafe ist dann nicht möglich. Solche Fälle liegen beispielsweise vor, wenn Steuervorteile in großem Ausmaß erlangt wurde (ab ca. 50.000€ bzw. 100.000€), die Mithilfe eines Amtsträgers missbraucht oder als Mitglied einer Bande gehandelt wurde. 

Häufige Fragen

  • Was ist eine Steuerhinterziehung?

    Eine Steuerhinterziehung liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich eine rechtswidrige Steuerverkürzung herbeiführt oder einen Steuervorteil rechtswidrig erlangt.

  • Ist die Steuerhinterziehung eine Straftat?

    Die Steuerhinterziehung ist nach § 370 AO eine Straftat. Bei leichtfertigen Handeln liegt eine Ordnungswidrigkeit wegen leichtfertiger Steuerverkürzung nach § 378 AO vor.

  • Ist eine Steuerhinterziehung auch bei fahrlässigem Handeln möglich?

    Handelt der Täter fahrlässig (”versehentlich”), also lässt er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so macht er sich nicht wegen Steuerhinterziehung nach § 370 AO strafbar.
    Handelt der Täter jedoch leichtfertig, also lässt er in besonderem Maße aus Leichtsinn oder Gleichgültigkeit, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so liegt eine leichtfertige Steuerverkürzung nach § 378 AO vor. Das ist keine Straftat, aber eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße bis zu 50.000€ geahndet wird.

  • Beispiele für die Steuerhinterziehung

    Falsche Angaben in der Steuererklärung
    Verheimlichung von Einkünften
    Schwarzarbeit
    Scheingeschäfte

  • Kann man sich durch Schwarzarbeit der Steuerhinterziehung strafbar machen?

    Die Schwarzarbeit ist das klassische Beispiel für eine Steuerhinterziehung nach § 370 AO. Hierbei erfolgt eine Tätigkeit gegen Entgelt, aber ohne Arbeitsvertrag. So sollen Einnahmen verheimlicht und Steuern gespart werden.
    Als Empfänger von Sozialleistungen besteht bei der Ausübung von Schwarzarbeit auch die Möglichkeit, sich wegen Sozialbetruges nach § 263 StGB strafbar zu machen.

  • Kann man sich durch Kryptowährung der Steuerhinterziehung strafbar machen?

    Kurz gesagt: Ja! Man kann sich strafbar machen, wenn man erzielte Gewinne, die die jährliche Freigrenze überschreiten, bei der Steuererklärung nicht angibt. Die Freigrenze beträgt dabei 600 €.

  • Ist das Vorenthalten der Erbschaftssteuer eine Steuerhinterziehung?

    Wird eine Erbschaft nicht angezeigt und die entsprechende Erbschaftssteuer nicht gezahlt, kann man sich wegen Steuerhinterziehung strafbar machen.

  • Ist das Vorenthalten der Kirchensteuer eine Steuerhinterziehung?

    Die Kirchensteuer ist eine freiwillige Abgabe, die jederzeit beendet werden kann, sodass es sich nicht um eine “Steuer” im Sinne der Abgabenordnung handelt (vgl. § 3 AO). Allerdings hat der sächsische Gesetzgeber durch das Sächsische Kirchensteuergesetz (SächsKiStG) von seinem Recht Gebrauch gemacht, auch die Hinterziehung von Kirchensteuern als Steuerhinterziehung nach § 370 AO zu ahnden (Art. 4 Abs. 3 EGStGB).
    Es besteht auch die Möglichkeit der Strafbarkeit wegen Betruges nach § 263 StGB.

  • Ist das Vorenthalten der Hundesteuer eine Steuerhinterziehung?

    Wer seinen Hund nicht anmeldet, kann neben einer Ordnungswidrigkeit auch eine Steuerhinterziehung begehen.

  • Ist das Betreiben von Prostitution eine Steuerhinterziehung?

    Wer der Prostitution nachgeht, macht sich grundsätzlich in Deutschland nicht strafbar. Es handelt sich hierbei um eine legale Arbeit, wobei die Gewerbsmäßigkeit angemeldet werden muss. Erfolgt keine Anmeldung des Gewerbes verbunden mit der Vorenthaltung des Zahlens von Steuern, kann eine Steuerhinterziehung vorliegen.

  • Ist das Tanken mit Speiseöl oder Heizöl eine Steuerhinterziehung?

    Das Tanken des Autos mit Speiseöl (Sonnenblumenöl oder Rapsöl) kann eine Steuerhinterziehung sein. Wer im Supermarkt Speiseöl kauft, zahlt nur die darauf erhobene Mehrwertsteuer. Auf Kraftstoff muss jedoch eine Energiesteuer bezahlt werden. Wer diese nicht entrichtet, begeht eine Steuerhinterziehung.

  • Gibt es eine Strafmaßtabelle?

    Das Strafmaß hängt von der Höhe der hinterzogenen Steuer ab (siehe Tabelle), aber auch von anderen individuellen Faktoren, wie etwa die Kooperationsbereitschaft.

    Hinterzogene Steuer Strafmaß
    Bis 1.000 € Das Strafverfahren kann gegen Auflagen eingestellt werden
    Bis 50.000 € Geldstrafe
    Bis 100.000 € Geldstrafe oder Freiheitsstrafe mit der Möglichkeit der Bewährung
    Bis 1.000.000 € Freiheitsstrafe und ggf. Geldstrafe, Bewährung möglich
    Über 1.000.000 € Freiheitsstrafe und ggf. Geldstrafe, Bewährung nicht möglich

  • Ist eine Selbstanzeige bei einer Steuerhinterziehung ratsam?

    Eine Selbstanzeige bei einer Steuerhinterziehung kann unter bestimmten Umständen zu einer Straffreiheit führen (vgl. § 371 AO). Es wird jedoch empfohlen, das Vorgehen (vorher) mit einem erfahrenen Rechtsbeistand abzusprechen. Die Kanzlei KUJUS Strafverteidigung steht Ihnen hierbei gerne zur Seite.

  • Wie lange kann man wegen einer Steuerhinterziehung belangt werden?

    Die Steuerhinterziehung verjährt gem. § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach 5 Jahren. Die Tat kann nach Ablauf dieser Zeit also nicht mehr verfolgt und vollstreckt werden. Die Verjährungsfrist beginnt mit Beendigung der Tat.
    In den Fällen der besonders schweren Steuerhinterziehung nach § 370 Abs. 3 AO verjährt die Tat erst nach 15 Jahren (§ 376 Abs. 1 AO).

  • Was ist der Unterschied zwischen Sozialbetrug und Steuerhinterziehung?

    Systeme: Sozialbetrug betrifft das Sozialsystem und Steuerhinterziehung das Steuersystem.
    Ziele: Bei dem Sozialbetrug will man Sozialleistungen unrechtmäßig erlangen, bei der Steuerhinterziehung geht es um die unrechtmäßige Steuervermeidung.
    Auswirkungen auf den Staat: Der Sozialbetrug betrifft den Staat und seine finanziellen Ressourcen direkt, die Steuerhinterziehung hat eher indirekte Auswirkungen auf den Staatshaushalt.
    Strafverfolgung und Strafen: In der Regel sind bei der Steuerhinterziehung höhere Strafen und eine längere Haftstrafe zu erwarten.

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