Der 11. Abschnitt des Strafgesetzbuches regelt Straftaten, welche sich auf Religion und Weltanschauung beziehen. In diesem Abschnitt erfasst sind
- die Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen (§ 166 StGB),
- die Störung der Religionsausübung (§ 167 StGB),
- die Störung einer Bestattungsfeier (§ 167a StGB) und die
- Störung der Totenruhe (§ 168 StGB).
Nachfolgend werden die Delikte einzeln dargestellt.
Störung der Totenruhe - § 168 StGB
Gemäß § 168 StGB ist eine Störung der Totenruhe strafbar. Dort heißt es:
(1) Wer unbefugt aus dem Gewahrsam des Berechtigten den Körper oder Teile des Körpers eines verstorbenen Menschen, eine tote Leibesfrucht, Teile einer solchen oder die Asche eines verstorbenen Menschen wegnimmt oder wer daran beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Aufbahrungsstätte, Beisetzungsstätte oder öffentliche Totengedenkstätte zerstört oder beschädigt oder wer dort beschimpfenden Unfug verübt.
Wann ist die Störung der Totenruhe strafbar?
Wegnahme

Verüben beschimpfenden Unfugs
Störung der Totenruhe: Beispiele
Zwar ist die kriminalpolitische Bedeutung der Vorschrift eher gering. Dass der Tatbestand in der strafrechtlichen Praxis aber immer wieder eine Rolle spielt, sollen folgende Einzelfälle verdeutlichen:
Diebstahl von Urne und Asche
Der „klassische“ Fall der Störung der Totenruhe ist der Diebstahl einer Urne mitsamt Asche.
Beschädigen von Grab, Sarg und Urne: "Grabschändung"
Nach Absatz 2 der Vorschrift steht ferner die Beschädigung oder Zerstörung einer Gedenkstätte oder das dortige Verüben von beschimpfenden Unfug unter Strafe.
Hiervon sind etwa das Beschädigen und Zerstören eines Grabs, einer Urne, eines Sargs, von Kreuzen, Grabhügeln oder Leichenhallen umfasst.
Dieses Verhalten wird auch häufig als „Grabschändung“ bezeichnet.
Störung der Totenruhe durch die Bundeswehr
Im Jahr 2006 gab es einen größeren Skandal bei der Bundeswehr – Dort wurden Fotos veröffentlicht, auf denen sich Bundeswehrsoldaten in Afghanistan mit einem Totenschädel in verschiedenen Posen zeigten. In diesem Zusammenhang wurde – neben diverser anderer Straftaten – auch der Vorwurf der Störung der Totenruhe erhoben.
"Körperwelten"

Störung der Totenruhe durch Bestatter
- der Wegnahme von Zahngold nach der Einäscherung eines Verstorbenen im Krematorium,
- das Vertauschen von Urnen vor der Beisetzung, oder
- das Einleiten einer Flüssigkeit in einen Leichnam zur Desinfektion.
Friedhofsparty
In Rothenburg ob der Tauber kam es im Oktober 2017 zu einer Art vorgezogenen Halloween-Party einer Gruppe junger Erwachsener. Dabei soll nicht nur reichlich Alkohol geflossen sein, sondern es sollen auch Tanzgelage und Sex auf einem Grabstein stattgefunden haben. Die Staatsanwaltschaft sah darin zumindest eine Störung der Totenruhe. Für zwei der Angeklagten endete das Verfahren mit Strafbefehlen.
Strafe und Verjährung
Störung einer Bestattungsfeier - § 167a StGB
Nach § 167a StGB ist die Störung einer Bestattungsfeier strafbar. Der Vorschrift ist dabei folgendes zu entnehmen:
Wer eine Bestattungsfeier absichtlich oder wissentlich stört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Geschütztes Rechtsgut der Vorschrift ist das Pietätsempfinden der Trauernden auf einer Bestattungsfeier.
Bestattungsfeiern
Unter einer Bestattungsfeier im Rechtssinne versteht man jede Veranstaltung, bei der von einem Toten in feierlicher Art und Weise Abschied genommen wird. Hiervon umfasst sind etwa
- Beerdigungen
- Leichenzüge
- Trauerzüge
- Einäscherungen
- Gedenkfeiern
Der Verstorbene selbst muss nicht anwesend sein.
Störung
Weitere VoraussetzuWeitere Voraussetzung ist das Stören einer solchen Gedenkfeier. „Stören“ meint dabei das Beeinträchtigen einer Bestattung.
Strafe und Verjährung
Die Störung einer Bestattungsfeier wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe geahndet.
Die Tat verjährt gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach 5 Jahren.
Störung der Religionsausübung - § 167 StGB
Das Strafgesetzbuch regelt die Störung der Religionsausübung in § 167 StGB. In dieser Vorschrift ist normiert:
(1) Wer
- den Gottesdienst oder eine gottesdienstliche Handlung einer im Inland bestehenden Kirche oder anderen Religionsgesellschaft absichtlich und in grober Weise stört oder
- an einem Ort, der dem Gottesdienst einer solchen Religionsgesellschaft gewidmet ist, beschimpfenden Unfug verübt,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Religionsausübung
Voraussetzung von § 167 Abs. 1 StGB ist die Störung eines Gottesdienstes, einer gottesdienstlichen Handlung einer im Inland besehenden Kirche oder einer anderen Religionsgemeinschaft in grober Weise.
Der § 167 Abs. 2 StGB verlangt das Verüben von beschimpfenden Unfugs an einem Ort, der dem Gottesdienst oder einer Religionsgemeinschaft gewidmet ist. Dies sind vorwiegend:
- Kirchen
- Moscheen
- Synagogen
"Stören" und "Verüben beschimpfenden Unfugs"
Tathandlung nach Absatz 1 ist das (erfolgreiche) Stören der Feierlichkeit. Die Störung einzelner Teilnehmer der Feierlichkeit reicht nicht aus. Die Veranstaltung muss bereits begonnen haben. Eine Störung in grober Weise kann sich aus der Art, dem Zeitpunkt und dem Erfolg der Störung ergeben.
Beschimpfender Unfug im Sinne von Absatz 2 ist wiederum eine ungehörige, rohe Gesinnung zeigende Handlung, in der eine Missachtung gegenüber dem herausgehobenen Charakters des Ortes Ausdruck kommen muss.
Beispiele
Strafrechtlich relevant sind etwa das Herumschreien in Kirchen, das den gesamten Gottesdienst stört.
Hierunter fallen allerdings auch die Vornahme sexueller Handlungen, das Beschmieren mit Hakenkreuzen oder das das Singen von „schweinischen Liedern“.
Der Kreativität etwaiger Tathandlungen sind jedoch keine Grenzen gesetzt.
Strafe und Verjährung
Die Straftat wird mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren geahndet.
Die Störung der Religionsausübung verjährt nach § 78 Abs. 3 Nr. 4 StGB nach 5 Jahren.
Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen - § 166 StGB
Die Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen ist in § 166 StGB geregelt. Der heißt es:
(1) Wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) den Inhalt des religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses anderer in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.(2) Ebenso wird bestraft, wer öffentlich oder durch Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) eine im Inland bestehende Kirche oder andere Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsvereinigung, ihre Einrichtungen oder Gebräuche in einer Weise beschimpft, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören.
Geschütztes Rechtsgut des § 166 StGB ist der öffentliche Friede – nicht der Schutz des Bekenntnisses selbst. Die Vorschrift pönalisiert gefährliche Verhaltensweisen, die sich gegen religiöse Gruppen richten.
Strafe und Verjährung
Die Straftat wird mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren geahndet.
Anzeige erhalten?
Ihnen wird eine Straftat vorgeworfen, die sich auf Religionen oder Weltanschauungen bezieht. Sie haben eine Anzeige, eine Vorladung, einen Strafbefehl oder eine Anklage erhalten?
Ein Tatvorwurf der § 166 – 168 StGB sollte nicht „auf die leichte Schulter“ genommen werden. Es drohen erhebliche Strafen und einschneidende persönliche Nachteile.
Die konkrete Strafe im Einzelfall hängt von der Art der Tatbegehung, der Schwere und Intensität der Rechtsgutverletzung, aber auch vom Nachtatverhalten ab. Unter Umständen kann auch eine Einstellung des Verfahrens erreicht werden. Diese hat den Vorteil, dass dann keine Eintragung im Führungszeugnis erfolgt.