Strafanzeige und Strafantrag

Das Gesetz unterscheidet in § 158 StPO (Strafprozessordnung) zwei wichtige Rechtsinstitute; die Erstattung einer Strafanzeige nach dem Absatz eins und die Stellung eines Strafantrags nach dem Absatz zwei dieses Gesetzes. Was genau die Begrifflichkeiten bedeuten, welche formalen Voraussetzungen erforderlich sind und worin sie sich unterscheiden, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Autor

Tommy Kujus

Aktualisiert

Strafverfahren

Definition „Strafanzeige“

Eine Strafanzeige ist eine Mitteilung einer Person über einen Sachverhalt vor einer zuständigen Stelle, der einen Anlass für eine Strafverfolgung bieten könnte. Aus der Sicht des Anzeigenden wird demnach ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt geschildert. Ziel kann die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens sein oder die bloße Anregung zur Überprüfung des Geschilderten. Als zuständige Stellen können die Staatsanwaltschaft, die Polizeidienststellen oder die Amtsgerichte dienen.

Durch eine Strafanzeige wird die Ermittlungsbehörde (Staatsanwaltschaft) dazu verpflichtet, den vorgetragenen Sachverhalt zu überprüfen (sog. „Legalitätsprinzip“). Liegt dann ein Anfangsverdacht, also tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat vor, so wird ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und Ermittlungen aufgenommen.

Die Anzeige kann dabei jedermann schriftlich oder mündlich erstatten, selbst wenn dieser nicht selbst in den Fall involviert ist. Eine Erstattung kann auch anonym oder von einer handlungsunfähigen Person erfolgen. Die Anzeige selbst kann gegen eine namentlich bekannte oder ermittelbare Person sowie gegen Unbekannt gestellt werden. Sie muss inhaltlich keiner bestimmten Form entsprechen, sondern nur verständlich den Sachverhalt wiedergeben.

Eine Rücknahme der gestellten Strafanzeige ist hingegen nicht möglich. Dieser Wunsch des Anzeigenden kann jedoch im Rahmen einer Einstellung des Verfahrens nach §§ 153, 153a StPO entsprochen werden.

Grundsätzlich besteht nicht die Pflicht eines Einzelnen, strafrechtlich relevante Sachverhalte zur Anzeige zu bringen. Eine Ausnahme gilt jedoch nach § 138 StGB, wenn schwerwiegende Straftaten vorliegen, wie beispielsweise das Beobachten eines Mordes. Weitere Ausnahmen gelten für Personen, die im Dienst von einer Straftat erfahren oder für Ermittlungspersonen, die privat Kenntnis davon nehmen.

Strafanzeige und Strafantrag

Definition „Strafantrag“

Ein Strafantrag ist die ausdrückliche Erklärung des Antragsberechtigten, eine bestimmte Person wegen einer Straftat durch die zuständigen Behörden strafrechtlich verfolgen zu lassen. Die gesetzlichen Regelungen finden sich hierfür in § 158 StPO und in den § 77 bis § 77e StGB. Ob ein Strafantrag erforderlich ist, hängt von dem jeweiligen angezeigten Delikt ab. Es wird dabei zwischen Antragsdelikten und Offizialdelikten unterschieden.

Offizialdelikte

Bei Offizialdelikten wird die Straftat bei Kenntniserlangung durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) von Amts wegen verfolgt. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich. Offizialdelikte sind unter anderem der Mord (§ 211) und der Totschlag (§ 212 StGB), der Raub (§ 249 StGB), die Brandstiftung (§ 306 StGB), die unterlassene Hilfeleistung (§ 323 c StGB), die Untreue (§ 266 StGB) und der Versicherungsbetrug (§ 265 StGB).

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Antragsdelikte

Bei Antragsdelikten ist hingegen die Stellung eines Strafantrags von Nöten.

Liegt ein sog. absolutes Antragsdelikt vor, so wird die Straftat nur auf Antrag des Geschädigten bzw. dessen gesetzlichen Vertreters verfolgt. Fehlt der Antrag, so wird nicht wegen dieser Tat ermittelt. Das ist beispielsweise der Fall bei dem Hausfriedensbruch (§ 123 StGB), der Beleidigung (§ 185 StGB) oder dem unbefugten Gebrauch eines Fahrzeuges (§ 248b StGB). 

Liegt hingegen ein sog. relatives Antragsdelikt vor, so bedarf es zwar auch einen Strafantrag, allerdings kann sich die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) über das Fehlen eines Antrages hinwegsetzen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Ein besonderes öffentliches Interesse ergibt sich regelmäßig aus der Art und dem Umfang der Tat sowie den Vorstrafen des Täters. Die Körperverletzung (§ 223 StGB), die Sachbeschädigung (§ 303 StGB), der Diebstahl (§ 242 StGB), die Unterschlagung (§ 246 StGB) und die sexuelle Belästigung (§ 184i StGB) stellen unter anderem solche relativen Antragsdelikte dar. 

Ob ein relatives oder ein absolutes Antragsdelikt vorliegt, ist im Strafgesetzbuch jeweils ausdrücklich vorgeschrieben. 

Zu beachten ist die Frist von drei Monaten nach Kenntniserlangung von Tat und Täter. Der Antrag kann bei jedem Gericht, der Staatsanwaltschaft oder bei einer Polizeidienststelle gestellt werden, der schriftlich erfolgen oder zu Protokoll gegeben werden muss. Ein mündlicher oder telefonischer Antrag ist nicht ausreichend. In der Regel ist auch die Unterschrift des Antragsberechtigten erforderlich.

Eine Rücknahme des Strafantrags kann bis zum rechtskräftigen Abschluss formlos bei der Stelle zurückgenommen werden, bei der er erfolgte. Handelt es sich um eine Anzeige für Auslandsstraftaten, so gelten besondere Regelungen nach § 158 Abs. 3 StPO.

Unterschiede: „Strafantrag“ – „Strafanzeige“

Die Strafanzeige benennt einen möglichen strafrechtlich relevanten Sachverhalt, der form- und fristlos von jedem gestellt werden kann.

Der Strafantrag ist hingegen die ausdrückliche Erklärung eines konkreten Sachverhalts, bei dem der Anzeigende als Geschädigter selbst auftritt und diesen form- und fristgerecht einreichen muss.

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