Was ist die „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“?
Um das Wiederaufleben von verbotenen Organisationen zu verhindern, kann das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen nach § 86a StGB wie folgt strafbar sein. Diese liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich verfassungswidrige und terroristische Kennzeichen verbreitet bzw. öffentlich verwendet (Nr. 1) oder herstellt, vorrätig hält sowie ein- bzw. ausführt (Nr. 2).
„Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“: § 86a StGB
(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer
- im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder
- einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.
(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.
Wann ist die „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen“ strafbar?
Der Straftatbestand schützt den demokratischen Rechtsstaat sowie den öffentlichen Frieden. Um sich nach § 86a Abs. 1 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
Tatobjekt: Kennzeichen
Unter Kennzeichen im Sinne des § 86a Abs. 2 StGB werden alle sichtbaren und hörbaren Symbole oder Erkennungszeichen erfasst, die verfassungswidrigen und terroristischen Organisationen zugeordnet werden können, um so ihre politischen Ziele und dessen Zugehörigkeit zu zeigen.
Zu den Organisationen, die das Innenministerium verboten hat, gehören unter anderem die „Volkssozialistische Bewegung Deutschlands / Partei der Arbeit“ (VSBD / PdA), die „Aktionsfront Nationaler Sozialisten / Nationale Aktivisten“ (ANS / NA), die „Nationale Sammlung“ (NS), die „Nationalistische Front“ (NF), die „Deutsche Alternative“ (DA), die „Nationale Offensive“ (NO), „die Freiheitliche Deutsche Arbeiterpartei“ (FAP), die „Skinheads Sächsische Schweiz“ (SSS), der „Sturm 34“, die „Nationalen Sozialisten Döbeln“ sowie die „Nationalen Sozialisten Chemnitz“ (NSC).
Als Kennzeichen zählen folglich unter anderem Hakenkreuzfahnen, die Mitgliedsabzeichen der NSDAP, der „Hitlergruß“ sowie die Parole „Sieg Heil“ oder „Heil Hitler“. Auch zum Verwechseln ähnliche Kennzeichen werden hierunter erfasst. Also solche, die trotz (optischer) Veränderung die dahinterstehende Organisation erkennen lassen.
Tathandlung: Verbreiten bzw. Verwenden
Der Täter müsste sodann das Kennzeichen verbreitet bzw. öffentlich verwendet haben (Nr. 1) oder ein solches Kennzeichen hergestellt, vorrätig gehalten, ein- oder ausgeführt haben (Nr. 2).
Nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich der Täter strafbar, wenn er ein solches Kennzeichen verbreitet. Unter der Verbreitung wird jedes Inverkehrbringen bzw. Weitergeben an Dritte verstanden. Es muss also der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Hierzu gehört auch der Verkauf von solchen Kennzeichen.
Nach § 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich der Täter auch strafbar, wenn er ein solches Kennzeichen verwendet. Unter der Verwendung wird das optische oder akustische Wahrnehmen und Gebrauchen in der Öffentlichkeit verstanden. Der Täter muss also das Kennzeichen tragen, ausstellen, zeigen, vorführen oder aussprechen bzw. ausrufen.
Nach § 86a Abs. 1 Nr. 2 StGB macht sich der Täter ebenfalls strafbar, wenn er ein solches Kennzeichen herstellt, vorrätig hält, ein- oder ausführt, um dieses im In- oder Ausland zu verbreiten oder zu verwenden.
Eine Strafbarkeit entfällt in der Regel nach §§ 86a Abs. 3, 86 Abs. 4 StGB, wenn es sich um künstlerische Darstellungen und historische Werke handelt oder Dokumentationszwecken dient.
Vorsatz
Der Täter muss die Verbreitung bzw. Verwendung vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen des Straftatbestandes verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter sie billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).
Handelt der Täter jedoch nur fahrlässig, also lässt er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so liegt die Straftat nicht vor, da das Gesetz eine solche Tat nicht unter Strafe stellt.
Versuch
Der Versuch ist mangels gesetzlicher Verankerung nicht strafbar, vgl. §§ 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB.
Antrag
Bei der Verbreitung bzw. Verwendung nach § 86a Abs. 1 StGB handelt es sich grundsätzlich um ein sog. Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird.
Strafe
Die Verbreitung bzw. Verwendung gem. § 86a Abs. 1 StGB wird mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren bestraft.