EncroChat

EncroChat – das Darknet der Smartphone – wurde von den Polizeibehörden geknackt. Was genau unter EncroChat zu verstehen ist, und welche Folgen nun drohen, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Aktualisiert

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Über den AutorTommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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Was ist „EncroChat“?

EncroChat war einer der größten Anbieter verschlüsselter Kommunikation. Als „Secure-Phone“- Anbieter hat EncroChat speziell ausgestattete Smartphones zusammen mit einem hauseigenem Messenger-Service vertrieben.

Freilich haben im digitalen Zeitalter viele ein Interesse an abhörsicherer Kommunikation. Über EncroChat soll allerdings ein beachtlicher Teil des organisierten Verbrechens in Europa abgewickelt worden sein. Es handelt sich kurz gesagt um ein Darknet für Mobiltelefone.

Spezielle Smartphones

Das Angebot von EncroChat bezog sich dabei nicht auf eine vermeintlich sichere Handy-App. Vielmehr wurden modifizierte Android-basierte Krypto-Handys vertrieben, die zudem technisch abgespeckt wurden, um weniger Angriffsfläche zu bieten. Manche Modelle verwenden das „BQ Aquaris X2“, ein Android-System eines spanischen Elektronikunternehmens, wobei die Hardware für GPS, Kamera und Mikrofon zusätzlich entfernt wurde.

Auf den Handys liefen in der Regel zwei Betriebssysteme parallel: Android und das EncroChat-System. Zudem verfügten die Geräte über eine Wipe-Funktion, die bei Eingabe einer speziellen PIN, alle Inhalte im Bedarfsfall vom Gerät löscht. Verschlüsselte End-to-End Nachrichten wurden über eigene Server geleitet.

EncroChat

EncroChat gehackt!

Die Ermittlungsbehörden sprechen von einem Riesenerfolg, gleichzusetzen mit dem Knacken des Enigma-Codes. Nach 4 Jahren wurde die Verschlüsselung im Jahr 2020 geknackt und Ermittler aus verschiedenen Ländern haben das Netzwerk infiltriert. Dabei wurden wohl – je nach Quelle – über 20 Millionen, bzw. gar hunderte Millionen, Textnachrichten der über 60.000 Nutzer abgefangen.

Zusammenarbeit der Behörden

In Frankreich, den Niederlanden, Großbritannien, Norwegen und Schweden gab es zusammen wohl mehr als 800 Festnahmen. Laut den Ermittlungsbehörden wurden durch die Zerschlagung des Kommunikationsnetzwerkes etliche Straftaten wie Drogenhandel, Mord, Geldwäsche, Erpressung und Entführung verhindert. Die erlangten Daten werden via Europol geteilt.

Operation Venetic

Im Vereinigten Königreich spricht man von der größten jemals durchgeführten Polizeiaktion. Die Aktion unter dem Namen „Operation Venetic“ führte in kürzester Zeit zur Zerschlagung ganzer Gruppen des organisierten Verbrechens, 746 Festnahmen, Beschlagnahmung von 77 Schusswaffen, mehr als 2 Tonnen Drogen und 54 Millionen Pfund.

In den Niederlanden wurden 19 Drogenlabore ausgehoben, Waffen und tonnenweise Drogen beschlagnahmt und es kam zu hunderten Festnahmen. Daneben konfiszierten die Behörden diverse Luxusgegenstände und beinahe 20 Millionen Euro.

Ferner sollen bereits etliche Verbrechen, von Drogentransporten bis hin zu Mordversuchen, verhindert worden sein.

EncroChat Deutschland

Mittlerweile ist die Plattform EncroChat geschlossen. Zuvor hatten die Betreiber noch vor der weiteren Nutzung gewarnt und angeregt die Geräte auszuschalten und physisch zu vernichten.

Allerdings werden die Ermittlungsbehörden in diversen Ländern noch lange von den gewonnenen Daten zehren. So wurden laut Behörden bereits tausende weiterer Nutzer identifiziert. Es ist absehbar, dass es auch in Deutschland zu etlichen Strafverfahren kommen wird.

EncroChat

Einleitung eines Strafverfahrens

Wer als Tatverdächtiger ermittelt wurde, wird in der Regel zeitnah Besuch von der Polizei bekommen – natürlich ohne hiervon im Vorhinein informiert zu werden.

Je nach dem konkreten Vorwurf, wird es zu einer Hausdurchsuchung kommen, bei denen elektronischen Speichermedien, wie PC, Laptop, Smartphone usw., sichergestellt oder beschlagnahmt werden. Diese werden zunächst von der Polizei und anschließend in der Regel von einem Sachverständigen durchsucht. Auch die Vorführung vor einem Haftrichter ist in vielen Fällen denkbar.

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