Erkennungsdienstliche Behandlung
Eine erkennungsdienstliche Behandlung kann erhebliche Konsequenzen haben – doch was genau steckt dahinter? Wann darf die Polizei Fingerabdrücke und Fotos aufnehmen? Muss man diese Maßnahmen wirklich dulden oder gibt es Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren?

Was ist eine erkennungsdienstliche Behandlung?
Die erkennungsdienstliche Behandlung (ED-Behandlung) ist eine polizeiliche Maßnahme, bei der biometrische und personenbezogene Daten erfasst und gespeichert werden. Dies dient entweder der Identitätsfeststellung oder der zukünftigen Strafverfolgung.
Zu den typischen Maßnahmen gehören:
- Fotografien: Frontal-, Profil- und Ganzkörperaufnahmen
- Fingerabdrücke: Abnahme von Finger- und Handflächenabdrücken
- Körpermessungen: Erfassung von Körpergröße, Statur und besonderen Merkmalen
- Dokumentation von Merkmalen: Narben, Tattoos oder besondere Auffälligkeiten
Diese Maßnahmen können entweder repressiv (zur Aufklärung einer konkreten Straftat) oder präventiv (zur zukünftigen Identifikation) erfolgen.
Rechtliche Grundlage: § 81b StPO
Die zentrale rechtliche Grundlage für die erkennungsdienstliche Behandlung bildet § 81b der Strafprozessordnung (StPO). Dieser regelt zwei Arten der erkennungsdienstlichen Behandlung:
- Erkennungsdienstliche Maßnahmen im Rahmen eines Strafverfahrens
- Zweck: Sicherung von Beweismaterial für ein laufendes Verfahren
- Voraussetzung: Der Betroffene muss Beschuldigter in einem Strafverfahren sein
- Erkennungsdienstliche Behandlung zum Zwecke des Erkennungsdienstes
- Zweck: Speicherung für zukünftige Ermittlungen
- Voraussetzung: Die Prognose, dass die Person in Zukunft straffällig wird
Beide Maßnahmen können gegen den Willen der betroffenen Person durchgesetzt werden.
Wann wird eine erkennungsdienstliche Behandlung angeordnet?
Eine erkennungsdienstliche Behandlung erfolgt in folgenden Fällen:
1. Bei Festnahmen und Identitätsfeststellungen
Wenn jemand von der Polizei vorläufig festgenommen wird, kann eine ED-Behandlung zur Identitätsfeststellung durchgeführt werden.
2. Bei Verdacht auf eine Straftat
Wenn eine Person Beschuldigter in einem Strafverfahren ist, kann die Polizei erkennungsdienstliche Maßnahmen anordnen, um Beweise zu sichern.

3. Zur Gefahrenabwehr (präventive Speicherung)
Auch ohne konkrete Straftat kann eine erkennungsdienstliche Behandlung erfolgen, wenn die Polizei der Meinung ist, dass die Person in Zukunft straffällig werden könnte.
4. Im Zusammenhang mit bestimmten Delikten
Bestimmte Deliktgruppen führen besonders häufig zu einer erkennungsdienstlichen Behandlung, darunter:
- Betäubungsmitteldelikte (BTM)
- Gewaltdelikte
- Sexualstraftaten
- Serien- und Wiederholungstaten

Kann man die erkennungsdienstliche Behandlung verweigern?
Nein, eine Verweigerung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist nicht möglich. Betroffene sind gesetzlich verpflichtet, diese Maßnahmen zu dulden.
Was Sie allerdings verweigern können:
- Aktive Mitwirkung (z. B. freiwilliges Posieren für Fotos)
- Schriftproben oder freiwillige Äußerungen
Die Polizei kann jedoch unmittelbaren Zwang anwenden, wenn sich jemand weigert.
Erkennungsdienstliche Behandlung ohne richterlichen Beschluss – Ist das zulässig?
Ja, für eine erkennungsdienstliche Behandlung ist kein richterlicher Beschluss erforderlich. Die Polizei kann die Maßnahmen eigenständig anordnen, wenn sie diese für notwendig hält.
Ein Richter wird erst dann involviert, wenn der Betroffene gerichtlich gegen die Maßnahmen vorgeht.
Wie lange werden die Daten gespeichert?
Die Speicherdauer hängt vom Zweck der erkennungsdienstlichen Behandlung ab:
- Im Rahmen eines Strafverfahrens: Die Daten müssen nach Abschluss des Verfahrens gelöscht werden, sofern es zu keiner Verurteilung kommt.
- Präventive Speicherung: Hier gibt es keine festen Fristen. Daten können jahrelang gespeichert bleiben, oft über 10 Jahre hinweg.
- Regelmäßige Überprüfung: Betroffene können einen Antrag auf Löschung der Daten stellen.
In der Praxis werden ED-Daten jedoch oft länger als notwendig gespeichert.
Erkennungsdienstliche Behandlung bei Minderjährigen
Für Minderjährige gelten besondere Schutzvorschriften.
- Kinder unter 14 Jahren: Keine ED-Behandlung im Strafverfahren
- Jugendliche (14–17 Jahre): ED-Maßnahmen sind möglich, wenn ein hinreichender Tatverdacht besteht
- Gefahrenabwehr: Nach Landespolizeigesetzen können auch strafunmündige Personen präventiv erkennungsdienstlich behandelt werden.
Eltern oder Erziehungsberechtigte sollten in solchen Fällen sofort einen Anwalt hinzuziehen.
Erkennungsdienstliche Behandlung im Zusammenhang mit BTM-Delikten
Im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität (BTM) sind ED-Maßnahmen besonders häufig.
Typische Fälle:
- Erstauffällige Konsumenten (auch bei geringen Mengen)
- Verdacht auf Handel oder Herstellung von Drogen
- Bezug zu organisierten kriminellen Strukturen
Die Speicherung kann langfristige Konsequenzen haben, insbesondere wenn die Person erneut mit Drogen in Verbindung gebracht wird.

Freiwillige erkennungsdienstliche Behandlung – Gibt es das?
Ja, es gibt Fälle, in denen eine freiwillige ED-Behandlung sinnvoll sein kann:
- Zur Entlastung in einem Strafverfahren
- Für behördliche Zwecke (z. B. Sicherheitsüberprüfungen)
Eine freiwillige Zustimmung kann jedoch später nachteilige Folgen haben, da es schwerer ist, gespeicherte Daten zu löschen.
Mögliche Konsequenzen einer erkennungsdienstlichen Behandlung
Die ED-Behandlung kann erhebliche Folgen haben:
- Erfassung in polizeilichen Datenbanken
- Erhöhte polizeiliche Aufmerksamkeit
- Probleme bei Sicherheitsprüfungen (z. B. öffentliche Dienststellen)

Tipps zur Verteidigung gegen die erkennungsdienstliche Behandlung
Falls Sie eine ED-Behandlung vermeiden oder gegen die Speicherung Ihrer Daten vorgehen möchten, sollten Sie folgende Maßnahmen ergreifen:
- Anwalt konsultieren: Lassen Sie prüfen, ob die Maßnahme rechtmäßig ist.
- Widerspruch einlegen: Falls die Speicherung nicht gerechtfertigt ist, kann eine Löschung beantragt werden.
- Keine freiwillige Zustimmung geben: Wer freiwillig zustimmt, hat später schlechtere Chancen auf eine Löschung.
- Nachweise sammeln: Falls die Polizei sich auf eine Prognose zukünftiger Straftaten stützt, kann eine positive Lebensführung helfen, die Speicherung anzufechten.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Was passiert bei einer erkennungsdienstlichen Behandlung?
Die Polizei nimmt Fingerabdrücke, Fotos und andere biometrische Daten auf.
Kann ich die erkennungsdienstliche Behandlung verweigern?
Nein, die Maßnahmen müssen geduldet werden.
Wie lange bleiben meine Daten gespeichert?
Präventive Daten können jahrelang gespeichert bleiben.
Brauche ich einen Anwalt?
Ja, vor allem wenn eine unrechtmäßige Speicherung droht.
Kann ich die Löschung meiner Daten beantragen?
Ja, es gibt rechtliche Möglichkeiten zur Löschung – insbesondere, wenn keine Verurteilung erfolgt ist.