Strafvereitelung

Wer eine Bestrafung oder Vollstreckung einer Straftat verhindert, macht sich der „Strafvereitelung“ gem. § 258 Strafgesetzbuch (StGB) schuldig. Welche Voraussetzungen dafĂŒr erfĂŒllt sein mĂŒssen und welche Strafen jeweils drohen, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Autor

Tommy Kujus

Aktualisiert

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    Das sagt das Gesetz: § 258 StGB

    (1) Wer absichtlich oder wissentlich ganz oder zum Teil vereitelt, daß ein anderer dem Strafgesetz gemĂ€ĂŸ wegen einer rechtswidrigen Tat bestraft oder einer Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) unterworfen wird, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fĂŒnf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

    (2) Ebenso wird bestraft, wer absichtlich oder wissentlich die Vollstreckung einer gegen einen anderen verhĂ€ngten Strafe oder Maßnahme ganz oder zum Teil vereitelt.

    (3) Die Strafe darf nicht schwerer sein als die fĂŒr die Vortat angedrohte Strafe.

    (4) Der Versuch ist strafbar.

    (5) Wegen Strafvereitelung wird nicht bestraft, wer durch die Tat zugleich ganz oder zum Teil vereiteln will, daß er selbst bestraft oder einer Maßnahme unterworfen wird oder daß eine gegen ihn verhĂ€ngte Strafe oder Maßnahme vollstreckt wird.

    (6) Wer die Tat zugunsten eines Angehörigen begeht, ist straffrei.

Was ist „Strafvereitelung“?

Die Behinderung der Justiz, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung und Durchsetzung des geltenden Rechts, kann dazu fĂŒhren, dass der TĂ€ter eine sog. Strafvereitelung verwirklicht, die gem. § 258 StGB unter Strafe steht. Eine Strafvereitelung liegt vor, wenn der TĂ€ter ganz oder zum Teil verhindert, dass ein anderer wegen einer Straftat bestraft (Absatz 1) oder diese vollstreckt wird (Absatz 2).

Wann ist eine „Strafvereitelung“ strafbar?

Der Straftatbestand der Strafvereitelung schĂŒtzt die inlĂ€ndische Strafrechtspflege, also die Anwendung und Durchsetzung des geltenden (Straf-)Rechts. Die Strafvereitelung kann durch zwei verschiedene Handlungsweisen des TĂ€ters herbeigefĂŒhrt werden.

Verfolgungsvereitelung nach § 258 Abs. 1 StGB

Nach § 258 Abs. 1 StGB macht sich der TĂ€ter strafbar, wenn er die Bestrafung einer rechtswidrigen Tat eines anderen ganz oder zum Teil vereitelt. Durch seine Handlung muss er also verhindert haben, dass ein anderer wegen einer von ihm begangenen Straftat bestraft wird oder dass er Maßnahmen, wie Maßregeln zur Sicherung und Besserung, erhĂ€lt.

Strafvereitelung

ZunĂ€chst muss ein anderer als der TĂ€ter, der sog. „VortĂ€ter“, eine rechtswidrige Straftat begangen haben. Eine Tat ist in der Regel rechtswidrig, wenn der objektive und subjektive Tatbestand dieser Straftat erfĂŒllt ist (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Als Vortat kommt jede Straftat wie die Körperverletzungsdelikte (§§ 223 ff. StGB) oder die Diebstahlsdelikte (§§ 242 ff. StGB) in Betracht. Demnach sind Ordnungswidrigkeiten nicht erfasst.

Sodann muss der TĂ€ter diese Vortat des anderen ganz oder zum Teil vereitelt haben. Unter Vereiteln wird jede Besserstellung der Strafverfolgung verstanden. Eine Teilvereitelung liegt dann vor, wenn die Strafe oder Maßnahme milder ausfĂ€llt als sie dem wahren Sachverhalt entspricht. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn wegen eines Vergehens statt eines Verbrechens bestraft wird (vgl. § 12 StGB). Der TĂ€ter hat hingegen die Strafverfolgung ganz vereitelt, wenn er die Bestrafung oder die VerhĂ€ngung der Maßnahme endgĂŒltig unmöglich macht oder zumindest fĂŒr eine geraume Zeit, in der Regel mindestens zwei Wochen, verzögert. Die Verzögerung kann beispielsweise durch das Beseitigen von Tatspuren, dem Hilfeleisten bei der Flucht oder dem Stellen einer Unterkunft fĂŒr den VortĂ€ter erfolgen.

Vollstreckungsvereitelung nach § 258 Abs. 2 StGB

Nach § 258 Abs. 2 StGB macht sich der TÀter strafbar, wenn er die Vollstreckung einer rechtswidrigen Tat eines anderen ganz oder zum Teil vereitelt. Durch seine Handlung muss er also verhindert haben, dass die gegen einen anderen verhÀngte Strafe vollstreckt wird. Dabei erfasst die Vollstreckung die Durchsetzung rechtskrÀftiger Entscheidungen durch den Staat im Hinblick auf die Strafe des VortÀters.

ZunĂ€chst muss eine Strafe oder Maßnahme gegen einen anderen als den TĂ€ter, den sog. „VortĂ€ter“, verhĂ€ngt worden sein. Sodann muss der TĂ€ter die Vollstreckung dieser Strafe oder Maßnahme des VortĂ€ters ganz oder zum Teil vereitelt haben. Dabei wird unter der Vereitelung jede Besserstellung des VortĂ€ters im Hinblick auf das „Ob“ und das „Wann“ der Vollstreckung verstanden. Der TĂ€ter kann beispielsweise durch IrrefĂŒhrung einen Gnadenakt erschleichen, den Gefangenen (VortĂ€ter) befreien oder ihn vor der Polizei verstecken.

Strafvereitelung

Vorsatz

Der TĂ€ter muss die Strafvereitelung nach § 258 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB absichtlich oder wissentlich begangen haben. Er muss also darauf abzielen oder als sichere Folge seines Handelns erkennen, dass die Bestrafung oder Vollstreckung des VortĂ€ters verhindert bzw. verzögert wird. Hinsichtlich der Vortat des VortĂ€ters reicht es aus, wenn der TĂ€ter diese billigend in Kauf genommen und zumindest fĂŒr möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Handelt der TĂ€ter jedoch nur fahrlĂ€ssig, also lĂ€sst er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so ist dies straflos, da das Gesetz eine solche Tat nicht unter Strafe stellt.

Versuch

Auch der Versuch einer Strafvereitelung steht gem. § 258 Abs. 4 StGB unter Strafe. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der TĂ€ter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). HierfĂŒr muss der TĂ€ter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ ĂŒberschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Der TĂ€ter muss also mit der Tathandlung begonnen haben. Zudem muss der TĂ€ter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsĂ€tzlich gehandelt haben.

Strafantrag

Bei der Strafvereitelung handelt es sich um ein sog. Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den GeschÀdigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.

Strafe

Die Strafvereitelung gem. § 258 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fĂŒnf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Die Tat wird jedoch nicht bestraft, wenn der TĂ€ter durch die Tat zugleich sich selbst begĂŒnstigt (§ 258 Abs. 5 StGB) oder zugunsten eines Angehörigen handelt (§ 258 Abs. 6 StGB).

Wenn es sich jedoch um eine Strafvereitelung im Amt handelt, ist ein höheres Strafmaß zu erwarten.

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Problem: Zahlung einer Geldstrafe durch einen Dritten

Ist der TĂ€ter nicht in der Lage die Geldstrafe zu begleichen, so kann die Zahlung durch einen anderen (Dritten), insbesondere durch Schenkung oder GewĂ€hrung eines Darlehens, in Betracht kommen. Solche Zahlungen sind jedoch rechtlich problematisch, da eine Geldstrafe eine persönliche Buße fĂŒr einen TĂ€ter darstellen soll. Folglich könnte sich der Dritte wegen einer Strafvereitelung nach § 258 StGB strafbar machen. Nach herrschender Ansicht bleibt dieser jedoch straffrei.

HĂ€ufige Fragen

  • Muss ein Polizist, der außerhalb seiner DiensttĂ€tigkeit von einer Straftat Kenntnis erlangt, diese auch anzeigen?

    Auch AmtstrĂ€ger haben ein Recht auf privaten Freiraum, allerdings gilt dieser nicht ohne Grenzen. Außerhalb der Dienstpflicht ist man nur verpflichtet eine Straftat anzuzeigen, soweit diese als schwere Straftat (so etwa Mord, Totschlag, Raub etc.) einzuordnen ist und die Verfolgung der Straftat unter großem öffentlichen Interesse steht. Allerdings muss man immer im Einzelfall abwĂ€gen.

  • Ist man auch strafbar, wenn man die Tat zugunsten eines Angehörigen begeht?

    Kurz gesagt: Nein! GemĂ€ĂŸ § 258 Abs. 6 StGB bleibt man straffrei, soweit man die Tat zugunsten eines Angehörigen begeht.

  • Gibt es eine Strafvereitelung durch Unterlassen?

    GrundsĂ€tzlich ist eine Strafvereitelung durch Unterlassen bzw. UntĂ€tig werden möglich. Allerdings ist hierfĂŒr eine Garantenstellung erforderlich. Diese wird in der Regel zu verneinen sein, da der Einzelne keine Verpflichtung hat, an der Verfolgung einer Straftat mitzuwirken.

  • Ist eine Strafvereitelung durch einen Strafverteidiger möglich?

    GrundsÀtzlich ist eine Strafbarkeit des Strafverteidigers wegen Strafvereitelung möglich. Allerdings sind seine Handlungen nicht strafbar, solange er sich prozessual zulÀssiger Mittel bedient, die sich insbesondere aus der Strafprozessordnung ergeben.

  • Ist eine Strafvereitelung durch die Staatsanwaltschaft möglich?

    Auch eine Strafbarkeit der Staatsanwaltschaft wegen Strafvereitelung ist möglich. Allerdings sind dessen Handlungen nicht strafbar, solange sie sich prozessual zulÀssiger Mittel bedienen, die sich ebenfalls aus der Strafprozessordnung ergeben.

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