Graffiti

Aus einem Stadtbild sind sie kaum noch wegzudenken: Graffiti. Bei ihnen handelt es sich jedoch meist um eine Straftat, genauer gesagt eine Sachbeschädigung nach § 303 StGB. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, welche Strafbestände meist zustätzlich bei Graffiti verwirklicht sind und welche Strafen letztlich drohen können, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Aktualisiert

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Über den AutorTommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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Graffiti als Sachbeschädigung?

Ein häufiger Unterfall der Sachbeschädigung nach § 303 StGB stellen Fälle des „Graffiti“ dar.

Dabei ist die explizite Strafbarkeit von Graffitis erst ab 2005 ausdrücklich gesetzlich normiert. Bis dato wurde für eine strafbare Sachbeschädigung eine Substanzverletzung, also eine Beschädigung der Wand (etc.), gefordert. Alle Fälle, in denen die Farbe ohne Beschädigung und ohne Probleme entfernt werden konnte, waren nicht strafbar. In der Gesetzesreform im Jahr 2005 wurde der neue Absatz 2 des § 303 StGB eingeführt, der eine Strafbarkeit auch bei einer „nicht nur unerheblichen und nicht nur vorübergehenden“ Veränderung des Erscheinungsbildes vorsieht.

Spätestens mit dieser Gesetzesreform wurde deutlich gemacht, dass es sich keineswegs um ein bloßes Kavaliersdelikt handelt. Gerade bei Wiederholungstätern drohen teils empfindliche Strafen. Auch eine Hausdurchsuchung und die Beschlagnahme von Spraydosen, Notizblöcken, Kleidung oder Eddings ist möglich.

Wann ist ein Graffiti strafbar?

Ein Graffiti ist strafbar, wenn „unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert wird“. Auf die künstlerische Qualität kommt es übrigens nicht an.

Erforderlich ist zunächst, dass es sich um eine „fremde Sache handelt“, die „unbefugt“ besprüht wird. Straflos ist es daher, wenn eigene Sachen besprüht werden, oder wenn Tags auf fremden Wänden, Türen oder Fahrzeugen angebracht werden, zu dem der Eigentümer aber sein Einverständnis erklärt hat. Probleme treten auf, wenn der Eigentümer und Berechtigte einer Sache nicht mehr auffindbar ist – etwas bei sogenannten „Lost Places“.

Die weitere Voraussetzung ist, dass das Erscheinungsbild „nicht nur unerheblich“ und „nicht nur vorübergehend“ verändert wird. Wann eine Veränderung „erheblich“ ist, und wann diese Veränderung nicht mehr nur „vorübergehend“ ist, ist letztendlich eine Frage des Einzelfalls. Die Gesetzesformulierung ist hier alles andere als klar.

Klar ist aber, dass mit der Neueinführung des § 303 Abs. 2 StGB gerade eine Strafbarkeit für Graffitis begründet werden sollte. Aus diesem Grund wird das Besprühen von Gegenständen in aller Regel hierunter fallen. Im Ergebnis wird die Größe des Tags im Verhältnis zur Größe der besprühten Sache ebenso von Bedeutung sein, wie die Frage, ob sich die Farbe ggf. von selbst nach kurzer Zeit wieder auflöst.

Nicht unter den Straftatbestand fallen etwa: Das Anbringen eines Banners, das Bemalen mit Kreide oder mit Wasserfarben oder das Verhüllen von Objekten, wenn dabei jeweils im Übrigen keine Beschädigung erfolgt.

Graffiti

Kann ein Tatnachweis geführt werden?

Ein Irrglaube ist, dass bereits der bloße „Tag“ ausreicht, um einen Tatnachweis zu erbringen. Denn  allein aus dem Namenszug kann nicht geschlossen werden, wer diesen angebracht hat. Es müssen für einen Tatnachweis immer weitere, zusätzliche Indizien und Beweise vorliegen. Das ist naturgemäß schwierig, wenn man nicht auf frischer Tat ertappt wurde. Es gilt auch hier: Schweigen! Schweigen! Schweigen! … und sich in kein freundliches Gespräch mit den ermittelnden Polizeibeamten verwickeln lassen. Denn diese werden durch geschickte Fragen versuchen herauszufinden, wer für welches Graffiti verantwortlich ist.

Weitere Straftatbestände

Neben der Sachbeschädigung durch Graffitis werden häufig zugleich noch weitere Straftatbestände verwirklicht.

Hausfriedensbruch

In vielen Fällen muss unbefugt ein Grundstück oder ein Haus betreten werden, um den Tag anzubringen. Dann liegt zeitgleich ein Hausfriedensbruch nach § 123 StGB vor. Etwas anderes gilt nur, wenn der Eigentümer des Grundstückes oder Gebäudes den Zutritt gestattet hat.

Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

Werden Verkehrsschilder übermalt und somit unkenntlich gemacht, kann ein „Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr“ nach § 315b StGB oder ein „Gefährlicher Eingriff in den Bahn-, Schiffs- oder Luftverkehr“ nach § 315 StGB vorliegen. Eine Strafbarkeit ist gegeben, wenn der Inhalt des Verkehrszeichens – etwa die Regelung über die Vorfahrt oder die geltende Höchstgeschwindigkeit – nicht mehr erkennbar ist, und hierdurch eine Gefährdung eingetreten ist.

Graffiti

Urkundenunterdrückung

Denkbar ist auch eine zugleich verwirklichte Urkundenunterdrückung nach § 274 StGB, wenn bspw. ein Grenzstein durch ein Graffiti unkenntlich gemacht wird.

Strafantrag

Damit ein Graffiti strafrechtlich verfolgt werden kann, muss der Geschädigte – also zumeist der Eigentümer eines verzierten Hauses bzw. die Deutsche Bahn bei einem verzierten Zug – binnen drei Monaten nach Bekanntwerden „von Tat und Täter“  einen sogenannten Strafantrag stellen, § 303c StGB. Der Strafantrag ist von der bloßen Strafanzeige zu unterscheiden. Bei einer Strafanzeige wird lediglich der Polizei oder Staatsanwaltschaft ein zu ermittelnder Sachverhalt bekannt gemacht. Mit einem Strafantrag, der schriftlich erfolgen muss, wird ein ausdrückliches Strafverfolgungsinteresse kund getan.

Allerdings kann die Staatsanwaltschaft auch ohne diesen expliziten Verfolgungswunsch die weitere Strafverfolgung vorantreiben, wenn sie „wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.“

Graffiti: Strafen

Die Strafen für ein Graffiti bestimmen sich nach dem Strafrahmen der Sachbeschädigung und damit nach § 303 StGB. Für jedes einzelne Graffiti kann eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren ausgesprochen werden.

Die konkrete Strafe im Einzelfall ist von den jeweiligen Tatumständen abhängig. Entscheidend ist z.B. ob man bereits zuvor einmal verurteilt worden ist, welche Größe das Graffiti hat, ob das Graffiti zugleich noch beleidigenden Charakter hat, und ob noch weitere Straftatbestände verwirklicht worden sind. In vielen Fällen kann sogar – sofern überhaupt ein Tatnachweis geführt werden kann – eine Einstellung des Verfahrens erreicht werden.

„Gemeinschändliche Sachbeschädigung“: § 304 StGB

Nach § 304 StGB ist zudem die „gemeinschädliche Sachbeschädigung“ unter Strafe gestellt.  Hier drohen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren. Eine Strafbarkeit nach § 304 StGB liegt vor, wenn bspw. Gegenstände der Religion, Denkmäler oder Kunstgegenstände beschädigt oder besprüht werden.

(1) Wer rechtswidrig Gegenstände der Verehrung einer im Staat bestehenden Religionsgesellschaft oder Sachen, die dem Gottesdienst gewidmet sind, oder Grabmäler, öffentliche Denkmäler, Naturdenkmäler, Gegenstände der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes, welche in öffentlichen Sammlungen aufbewahrt werden oder öffentlich aufgestellt sind, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen oder zur Verschönerung öffentlicher Wege, Plätze oder Anlagen dienen, beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer in Absatz 1 bezeichneten Sache oder eines dort bezeichneten Gegenstandes nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.

(3) Der Versuch ist strafbar.

Muss ich Schadensersatz zahlen?

Wer eine fremde Wand, Brückenpfeiler oder einen Zug mit einem Tag verziert, muss – sofern die Täterschaft nachgewiesen werden kann – einen Schadensersatz zahlen. Dieser bemisst sich in der Regel nach dem Aufwand, den die Reinigung der besprayten Fläche beansprucht. Hierzu wird in der Praxis ein Kostenvoranschlag eines Malers oder einer Reinigungsfirma eingeholt.

Grundsätzlich gilt aber: Der Geschädigte muss seinen Anspruch auf Zahlung eines Schadensersatzes erst aktiv geltend machen. „Automatisch“ wird man nicht zur Zahlung verurteilt.

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