Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz

Ein Kontaktverbot missachtet, eine Schutzanordnung ignoriert – ein Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz (§ 4 GewSchG) kann schnell schwerwiegende strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Doch wann liegt tatsächlich ein strafbarer Verstoß vor? Welche Strafen drohen, und welche Verteidigungsstrategien gibt es?

Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz

Das Gewaltschutzgesetz (GewSchG) schützt Menschen vor Gewalt, Bedrohung und Nachstellung. Es ermöglicht Betroffenen, vor Gericht Schutzanordnungen gegen eine andere Person zu erwirken. Doch was passiert, wenn eine solche Schutzanordnung missachtet wird? Welche Strafen drohen, und welche Verteidigungsstrategien gibt es für Beschuldigte?

Viele sind sich nicht bewusst, dass ein Verstoß gegen das GewSchG nicht nur zivilrechtliche, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen hat – mit möglichen Geld- oder sogar Freiheitsstrafen. In diesem Artikel werden die rechtlichen Grundlagen, Verteidigungsstrategien und strafrechtlichen Konsequenzen ausführlich beleuchtet.

Was regelt das Gewaltschutzgesetz?

Das GewSchG ermöglicht es Betroffenen von Gewalt oder Belästigung, vor Gericht Schutzmaßnahmen zu beantragen. Es wird vor allem bei folgenden Sachverhalten angewandt:

Gerichte können hierbei folgende Schutzmaßnahmen anordnen:

  • Kontaktverbote (keine Telefonate, Nachrichten oder persönliche Kontaktaufnahme)
  • Näherungsverbote (Einhaltung eines Mindestabstands)
  • Betretungsverbote für bestimmte Orte (z. B. Wohnort oder Arbeitsplatz des Antragstellers)
  • Wohnungsverweisungen (Verbot, eine ehemals gemeinsame Wohnung zu betreten)

Ein Missachten dieser gerichtlichen Schutzmaßnahmen kann strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

§ 4 GewSchG: Strafbarkeit bei Verstößen

Das Gewaltschutzgesetz ist primär ein zivilrechtliches Schutzgesetz, doch § 4 GewSchG sorgt dafür, dass Verstöße gegen Schutzanordnungen auch strafrechtlich verfolgt werden können.

Gesetzestext von § 4 GewSchG

„Wer einer vollstreckbaren Anordnung nach § 1 zuwiderhandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“

Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz

Zielsetzung von § 4 GewSchG

Der Gesetzgeber hat mit § 4 GewSchG eine klare Strafandrohung geschaffen, um sicherzustellen, dass gerichtliche Schutzmaßnahmen auch tatsächlich eingehalten werden. Ohne diese Regelung wären Verstöße gegen Schutzanordnungen lediglich zivilrechtlich sanktionierbar, was in der Praxis oft nicht ausreicht, um Betroffene effektiv zu schützen.

Durch die strafrechtliche Sanktionierung wird ein zusätzlicher Druck auf die verpflichtete Person ausgeübt, sich an die gerichtlichen Anordnungen zu halten. Gleichzeitig soll die Vorschrift eine präventive Wirkung entfalten, um Wiederholungstäter abzuschrecken.

Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 4 GewSchG

Damit eine Bestrafung erfolgen kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Es muss eine vollstreckbare Schutzanordnung bestehen.
    • Die Schutzanordnung muss rechtskräftig sein und dem Beschuldigten wirksam zugestellt worden sein.
    • Eine bloße Anzeige bei der Polizei oder eine mündliche Abmachung reicht nicht aus.
  2. Der Beschuldigte muss vorsätzlich gehandelt haben.
    • Ein Verstoß liegt nur vor, wenn die verbotene Handlung bewusst begangen wurde.
    • Fahrlässige Verstöße (z. B. unbeabsichtigte Begegnungen) sind in der Regel nicht strafbar.
  3. Es muss eine konkrete Zuwiderhandlung vorliegen.
    • Dies umfasst Verstöße gegen Kontakt-, Näherungs- oder Wohnungsverweisungen.
  4. Der Verstoß muss nachweisbar sein.
    • Beweise wie Zeugenaussagen, Nachrichten oder Videoaufnahmen sind erforderlich.

Welche Strafen drohen nach § 4 GewSchG?

Ein Verstoß gegen eine Schutzanordnung kann mit folgenden Strafen geahndet werden:

  • Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
  • Geldstrafe

Das Gericht entscheidet über die Höhe der Strafe anhand mehrerer Faktoren:

  • Schwere des Verstoßes: Wurde nur eine Nachricht gesendet oder handelte es sich um wiederholte Bedrohungen?
  • Dauer und Intensität: Gab es eine fortgesetzte Missachtung der Schutzanordnung?
  • Vorstrafen: Gab es in der Vergangenheit bereits Verstöße gegen das GewSchG oder andere Delikte?
  • Einsicht des Angeklagten: Zeigt sich der Beschuldigte kooperativ oder ignoriert er die Auflagen bewusst?

In der Praxis werden erstmalige geringfügige Verstöße oft mit einer Geldstrafe geahndet. Bei wiederholten oder schwerwiegenden Verstößen kann jedoch eine Freiheitsstrafe verhängt werden.

Ist ein Verstoß nach § 4 GewSchG ein Antragsdelikt?

Ja, Verstöße gegen das GewSchG sind grundsätzlich Antragsdelikte, d. h., die geschützte Person muss innerhalb von drei Monaten einen Strafantrag stellen.

In schweren Fällen kann die Staatsanwaltschaft jedoch auch von Amts wegen tätig werden, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht – beispielsweise bei wiederholten Verstößen oder massiven Bedrohungen.

Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Ein Verstoß gegen eine Schutzanordnung nach § 4 GewSchG kann unter Umständen weitere strafrechtliche Tatbestände erfüllen, darunter:

  • § 238 StGB (Nachstellung) – wenn die betroffene Person systematisch belästigt oder verfolgt wird
  • § 240 StGB (Nötigung) – wenn der Beschuldigte Druck auf die geschützte Person ausübt
  • § 185 StGB (Beleidigung) – falls es zu verbalen Entgleisungen kommt
  • § 123 StGB (Hausfriedensbruch) – falls trotz Schutzanordnung eine Wohnung betreten wird

In diesen Fällen kann es zu höheren Strafen kommen, da weitere Tatbestände hinzukommen.

Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz

Beispiele aus der Praxis

Beispiel 1: Kontaktverbot wird ignoriert

Ein Mann hat ein gerichtliches Kontaktverbot gegenüber seiner Ex-Partnerin. Dennoch schreibt er ihr eine Nachricht mit der Bitte, ihn zurückzunehmen.
Verstoß nach § 4 GewSchG, da eine direkte Kontaktaufnahme erfolgte.

Beispiel 2: Näherungsverbot wird missachtet

Eine Frau hat ein Näherungsverbot von 50 Metern gegenüber ihrem Ex-Partner. Sie besucht jedoch absichtlich sein Lieblingscafé und setzt sich in seine Nähe.
Verstoß nach § 4 GewSchG, da ein bewusster Kontakt gesucht wurde.

Beispiel 3: Zufällige Begegnung im Supermarkt

Ein Mann mit einem Kontaktverbot trifft seine Ex-Frau zufällig beim Einkaufen. Er weicht aus und verlässt sofort den Laden.
Kein Verstoß nach § 4 GewSchG, da der Kontakt unbeabsichtigt war.

Fazit

Ein Verstoß gegen das Gewaltschutzgesetz kann erhebliche strafrechtliche Konsequenzen haben. Während geringfügige Verstöße oft mit einer Geldstrafe geahndet werden, können wiederholte oder schwere Verstöße eine Freiheitsstrafe nach sich ziehen.

Da die Anforderungen für eine Strafbarkeit nach § 4 GewSchG klar definiert sind, lohnt es sich, jeden Vorwurf genau zu prüfen und gegebenenfalls eine geeignete Verteidigungsstrategie zu entwickeln.

FAQs

1. Kann eine Schutzanordnung aufgehoben werden?
Ja, unter bestimmten Umständen kann sie angefochten werden.

2. Ist jeder Kontakt strafbar?
Nein, zufällige Begegnungen können als unbeabsichtigt gelten.

3. Was passiert, wenn die geschützte Person den Kontakt sucht?
Das kann als Verteidigungsstrategie genutzt werden.

4. Wird ein Verstoß ins Führungszeugnis eingetragen?
Bei einer Verurteilung kann ein Eintrag erfolgen.

5. Welche Rolle spielt der Vorsatz bei § 4 GewSchG?
Ohne Vorsatz ist eine Bestrafung in der Regel nicht möglich.