KO-Tropfen als gefährliches Werkzeug?
KO-Tropfen – heimtückisch, unsichtbar und oft mit schweren Straftaten verbunden. Doch wie werden sie rechtlich eingeordnet? Sind sie ein gefährliches Werkzeug im Sinne des Strafgesetzbuches? Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung? Und wie kann sich ein Beschuldigter gegen Vorwürfe verteidigen?
KO-Tropfen sind eine der tückischsten und zugleich gefährlichsten Substanzen im strafrechtlichen Kontext. Sie sind farblos, oft geruchlos und lassen sich unbemerkt in Getränke mischen. Innerhalb weniger Minuten entfalten sie ihre Wirkung und können bei ahnungslosen Personen Benommenheit, Erinnerungslücken bis hin zur vollständigen Bewusstlosigkeit hervorrufen. Dadurch werden sie nicht nur als Partydroge missbraucht, sondern auch gezielt eingesetzt, um Straftaten wie Körperverletzung oder Sexualdelikte zu begehen.
Doch was genau sind KO-Tropfen aus wissenschaftlicher Sicht? Wie wirken sie im Körper? Und warum ist der Nachweis dieser Substanzen so schwierig? In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die chemische Zusammensetzung, die strafrechtlichen Konsequenzen und mögliche Verteidigungsstrategien für Beschuldigte.
Was sind KO-Tropfen?
Definition und chemische Zusammensetzung
Der Begriff „KO-Tropfen“ beschreibt eine Gruppe von Substanzen, die eine stark sedierende Wirkung haben. Sie beeinflussen das zentrale Nervensystem und führen zu Müdigkeit, Schwindel, Bewusstlosigkeit und Gedächtnisverlust. In höheren Dosen können sie sogar lebensgefährlich sein, da sie die Atemtätigkeit und die Herzfunktion beeinträchtigen.
Typische Substanzen, die als KO-Tropfen verwendet werden, sind:
- Gamma-Hydroxybuttersäure (GHB) – Eine körpereigene Substanz, die in niedriger Dosierung beruhigend und in höherer Dosierung bewusstseinsverändernd wirkt.
- Gamma-Butyrolacton (GBL) – Eine Industriechemikalie, die im Körper in GHB umgewandelt wird.
- Benzodiazepine – Beruhigungsmittel wie Flunitrazepam (bekannt als Rohypnol) oder Midazolam.
Die Substanzen sind oft in flüssiger Form erhältlich und werden daher unauffällig als Tropfen in Getränke gemischt – daher die Bezeichnung „KO-Tropfen“.

Wirkweise im Körper
Nach der Einnahme gelangen die Substanzen schnell in den Blutkreislauf und setzen ihre Wirkung innerhalb von 10 bis 30 Minuten ein. Die betroffene Person fühlt sich zunächst entspannt und leicht benommen. In höheren Dosen kann es jedoch zu einem vollständigen Kontrollverlust über den eigenen Körper kommen. Viele Opfer berichten, dass sie sich nicht mehr erinnern können, was in den Stunden nach der Einnahme geschah.
Besonders perfide ist, dass GHB und GBL nach kurzer Zeit aus dem Körper abgebaut werden, sodass eine nachträgliche Beweissicherung oft erschwert wird.
Nachweisbarkeit und Beweisprobleme
Die Nachweisbarkeit von KO-Tropfen stellt ein erhebliches Problem in strafrechtlichen Verfahren dar. Während Alkohol oder andere Drogen noch Tage oder Wochen nachgewiesen werden können, verschwinden KO-Tropfen oft innerhalb weniger Stunden aus dem Körper.
- GHB ist nur 6–12 Stunden im Blut oder Urin nachweisbar.
- GBL baut sich noch schneller ab.
- Benzodiazepine sind zwar länger nachweisbar (bis zu 48 Stunden), doch nur wenn gezielt darauf getestet wird.
- Haaranalysen können KO-Tropfen unter Umständen auch Wochen später nachweisen, sind jedoch nicht immer zuverlässig.
Dadurch kommt es häufig zu Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen, die eine Verurteilung erschweren können.
KO-Tropfen im Strafrecht – Wann liegt eine Straftat vor?
Relevante Straftatbestände im StGB
Das heimliche Verabreichen von KO-Tropfen kann folgende Straftatbestände erfüllen:
- Körperverletzung (§ 223 StGB) – wenn es zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen kommt.
- Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) – falls KO-Tropfen als Gift oder gesundheitsschädlicher Stoff gewertet werden.
- Sexualdelikte (§ 177 StGB) – insbesondere Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung.
- Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB) – falls jemand unabsichtlich KO-Tropfen verabreicht.
KO-Tropfen als gefährliches Werkzeug gemäß § 224 StGB
Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied 2024, dass KO-Tropfen kein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 StGB sind, da sie keine festen Gegenstände sind. Dies kann für die Verteidigung vorteilhaft sein, da eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung erschwert wird.
Abgrenzung zu fahrlässigen Handlungen
Wichtig ist die Frage des Vorsatzes. Wer jemandem absichtlich KO-Tropfen verabreicht, handelt vorsätzlich. Wer unwissentlich ein mit KO-Tropfen versetztes Getränk weiterreicht, könnte sich in einem fahrlässigen Bereich bewegen.
Beweisschwierigkeiten und Verteidigungsstrategien
Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen
Gerichte müssen prüfen, ob die Aussage des mutmaßlichen Opfers glaubhaft und widerspruchsfrei ist. In vielen Fällen fehlt es an objektiven Beweisen.
Taktische Möglichkeiten der Verteidigung
- Angreifen der Beweiskraft toxikologischer Gutachten
- Prüfen alternativer Erklärungen für die Symptome des Opfers
- Überprüfung der Belastungsaussage auf Widersprüche

Strafen und strafmildernde Umstände
Strafrahmen je nach Tatbestand
- Körperverletzung: Geldstrafe oder bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe
- Gefährliche Körperverletzung: 6 Monate bis 10 Jahre
- Vergewaltigung mit KO-Tropfen: 2 bis 15 Jahre
Mögliche strafmildernde Faktoren
- Zweifelhafte Beweislage
- Keine nachweisbare Schädigung des Opfers
- Geständnis oder kooperative Haltung des Angeklagten
Fazit – Warum eine starke Verteidigung entscheidend ist
Wer einer Straftat im Zusammenhang mit KO-Tropfen beschuldigt wird, sollte frühzeitig einen erfahrenen Strafverteidiger einschalten. Gerade bei unklarer Beweislage kann eine gut durchdachte Verteidigungsstrategie den Ausgang des Verfahrens entscheidend beeinflussen.
FAQs
1. Sind KO-Tropfen ein gefährliches Werkzeug?
Nein, laut BGH sind KO-Tropfen kein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 StGB.
2. Welche Strafen drohen bei KO-Tropfen-Delikten?
Je nach Tatbestand sind Strafen zwischen Geldstrafe und 15 Jahren Freiheitsstrafe möglich.
3. Wie kann sich ein Angeklagter verteidigen?
Durch Infragestellen der Beweise, alternative Erklärungen und Überprüfung der Glaubwürdigkeit der Aussagen.
4. Wie lange sind KO-Tropfen nachweisbar?
GHB ist nur 6–12 Stunden im Blut oder Urin nachweisbar.
5. Wann verjähren Straftaten mit KO-Tropfen?
Die Verjährung hängt vom Delikt ab, bei schweren Sexualdelikten bis zu 20 Jahre.