Hausfriedensbruch – § 123 StGB

Jede Person hat das Recht darüber zu entscheiden, wer sich in seiner Wohnung, seinem Laden oder auf seinem Grundstück aufhält. Wer sich dagegen widersetzt, macht sich des „Hausfriedensbruchs“ gem. § 123 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Doch wie verhält es sich, wenn mehrere Personen das Hausrecht haben (z.B. in einer WG)? Hat das Hausrecht der Mieter oder der Vermieter? Und welche Strafen können beim Hausfriedensbruch drohen? All dies erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Inhalt

(1) Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

Was ist ein „Hausfriedensbruch“?

Der Tatbestand des Hausfriedensbruchs spielt häufig bei Beziehungsstreits, Trennungen, familiären Auseinandersetzungen oder nach einem Ladendiebstahl eine Rolle.

Ein Hausfriedensbruch liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich gegen oder ohne den Willen des Berechtigten in dessen Räumlichkeiten eindringt oder dort verweilt.

Wann ist ein „Hausfriedensbruch“ strafbar?

Der Straftatbestand schützt das individuelle Hausrecht einer Person. Dabei sollte jeder selbst entscheiden können, wer den geschützten Bereich – etwa die Wohnung, das Haus oder das Grundstück – betreten darf, und wie lange sich jemand dort aufhalten darf.

Der Schutz des individuellen Hausrechts folgt nicht zuletzt aus Artikel 13 GG (Grundgesetz). Dort heißt es:

Die Wohnung ist unverletzlich.

Zwar schützt das Grundrecht der „Unverletzlichkeit der Wohnung“ den Bürger in erster Linie vor Eingriffen des Staates. Allerdings verpflichtet das Grundgesetz auch den Gesetzgeber, Wohnungen vor dem Eindringen durch Private zu schützen.

Geschützt sind sowohl die Wohnung, die Geschäftsräume als auch das befriedete Besitztum.

Um sich nach § 123 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.


Tatobjekt: Objekt nach § 123 StGB (Wohnung etc.)

Der Hausfriedensbruch kann nur bezüglich Wohnungen, Geschäftsräume, abgeschlossene Diensträume oder befriedetes Eigentum ausgeübt werden.

Wohnung

Nach der juristischen Definition versteht man unter einer Wohnung einen

umschlossenen und überdachten Raum, der einem Menschen zumindest vorübergehend als Unterkunft dient.

Damit gehören zu einer Wohnung unter anderem:

  • Wohnzimmer

  • Schlafzimmer

  • Kinderzimmer

  • Küche

  • Flur

  • Bad

  • Keller

  • Treppenhaus

  • Waschküche

Selbst Campingwagen, Wohnmobile, Wohnwagen, Boote, Schiffe und private Fahrzeuge fallen unter diese Definition, sofern sie zum Wohnen genutzt werden.

Es kommt also maßgeblich darauf an, ob der „Raum“ gerade der Nutzung als Wohnung dient.

Geschäftsräume

Unter dem Begriff der Geschäftsräume werden Räume verstanden, in denen Waren oder Dienstleistungen verkauft werden. Hierunter fallen:

  • Ladengeschäfte (Supermarkt, Kaufhalle, Laden)

  • Markthallen

  • Restaurants

  • Gaststätten

  • Hotels

Neben den reinen Verkaufsräumen fallen unter Geschäftsräume selbstverständlich auch die abgetrennten Büroräume.

Abgeschlossener Dienstraum

Auch abgeschlossene Diensträume sind nach § 123 StGB geschützte Räume.

Hiervon sind Räume umfasst, die dem öffentlichen Dienst oder dem öffentlichen Verkehr dienen. Dies sind etwa:

  • Räume in einer Schule

  • Universität

  • Kirche

  • Behörde

  • Gericht

  • Bus

  • Straßenbahn

  • Warteraum

  • Telefonzelle

  • Bibliothek

Befriedetes Besitztum

Das befriedete Besitztum meint Grundstücke, welche nach außen hin erkennbar umgrenzt und gegen unbefugtes Betreten geschützt sein müssen. Dies sind etwa:

  • Garten

  • Ackerfläche

  • Wiese

  • Weide

  • Hinterhof

Ausreichend ist bereits ein kleiner Zaun, eine Absperrung, eine Rinne oder eine kleine Mauer. Darauf, wie schnell das Hindernis überwunden werden kann, kommt es nicht an. Ebenso unschädlich sind kleinere Lücken. Hierunter fallen daher auch kleine Vorgärten.


Tathandlung: Eindringen bzw. sich nicht entfernen

Sodann müsste der Täter in eines dieser Objekte widerrechtlich eingedrungen sein bzw. dort unbefugt verweilt haben. Dabei stehen die beiden Tatbestandsalternativen gleichwertig nebeneinander.

Widerrechtliches Eindringen

Ein widerrechtliches Eindringen liegt bei einem Betreten des durch das Hausrecht geschützten Bereiches vor, wenn dies gegen den Willen des Hausrechtsinhabers geschieht. Erforderlich ist, dass mindestens ein Körperteil in den geschützten Bereich gelangt. Werden von außen Gegenstände auf das Grundstück oder in die Wohnung geworfen, liegt entsprechend kein Hausfriedensbruch vor.

Der entgegenstehende Wille kann entweder ausdrücklich geäußert werden oder sich aus den Umständen klar ergeben, etwa durch eine verschlossene Tür.

Ein widerrechtliches Eindringen liegt insbesondere bei einem ausgesprochenen Hausverbot nach einem Diebstahl vor.

Unbefugtes Verweilen

Nach dieser Tatbestandsalternative ist es unter Strafe gestellt, wenn sich der Täter trotz Aufforderung nicht aus der Wohnung oder dem Haus entfernt.

Das unbefugte Verweilen unterscheidet sich vom widerrechtlichen Eindringen dadurch, dass das Betreten des geschützten Bereichs bei letzterem bereits von Beginn an gegen den Willen des Hausrechtsinhabers erfolgte, während bei ersterem die Berechtigung zum Betreten später weggefallen ist.

Erforderlich ist weiter, dass der Inhaber des Hausrechts den Beschuldigten ausdrücklich auffordert, die Wohnung, den Geschäftsraum oder das Grundstück zu verlassen. Diese Aufforderung kann entweder mit deutlichen Worten oder eindeutigen Gesten erfolgen. Auch eine Aufforderung über Dritte (Mitarbeiter, Bekannte) ist möglich.

Diese Form des Hausfriedensbruchs kommt häufig im Rahmen einer Trennung vor.


Vorsatz

Der Täter muss den Hausfriedensbruch vorsätzlich begangen haben. Er muss diesen also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben – insbesondere muss er wissen, dass er das Gebäude, den Raum oder das Grundstück nicht betreten darf. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Ein vorsätzliches Handeln scheidet aus, sofern überhaupt keine Grenzmarkierung oder kein Zaun erkennbar war. Demgegenüber kann Vorsatz angenommen werden, sofern ein hoher Zaun überwunden oder ein deutliches „Betreten verboten!“-Schild ignoriert worden ist.

Wird ein Grundstück „aus Versehen“ betreten, liegt kein strafbares Handeln vor. Ein fahrlässiger Hausfriedensbruch ist nicht möglich.


Versuch

Der Versuch ist mangels gesetzlicher Verankerung nicht strafbar.


Strafantrag

Bei dem Hausfriedensbruch handelt es sich um ein sog. absolutes Antragsdelikt (§ 123 Abs. 2 StGB). Die Tat wird also nur auf Antrag des Geschädigten verfolgt. Der Antrag muss innerhalb von drei Monaten nach der Tat gestellt werden.

Der Geschädigte ist in der Regel derjenige, der das Hausrecht hat. Demnach kann nur der Inhaber des Hausrechts den Zutritt zu einem geschützten Raum (oder das Verweilen in einem solchen) verbieten.

Im Fall eines berechtigten Mietverhältnisses geht das Hausrecht auf den Mieter über, sodass auch der Mieter entscheiden kann, wer seine Wohnung betreten darf. Gleiches gilt für den Gast eines Hotels.

Ebenso üben Mitarbeiter eines Geschäfts oder einer Behörde das Hausrecht aus. Diese sind also befugt, ein Hausverbot auszusprechen, mit der Folge, dass jedes widerrechtliche Eindringen zu einem strafbaren Hausfriedensbruch führt.

Der Strafantrag kann vom Verletzten jederzeit wieder zurückgenommen werden. Da dann ebenso ein Prozesshindernis vorliegt, ist das Verfahren einzustellen.


Beispiele aus der Praxis

Hausfriedensbruch durch den Vermieter:
Der Vermieter gibt das Hausrecht im Falle eines Mietverhältnisses an den Mieter ab. Er darf die Wohnung also nicht ohne Zustimmung betreten.

Hausfriedensbruch durch den Partner:
Sind beide im Mietvertrag aufgenommen, steht beiden das Hausrecht zu. Nur wenn eine Person alleiniger Mieter ist, kann sie ein Hausverbot aussprechen.

Hausfriedensbruch durch den Arbeitnehmer:
Das Betreten der Geschäftsräume ist grundsätzlich erlaubt, soweit dies zur Arbeit gehört. Ein Hausverbot kann nur bei berechtigtem Interesse ausgesprochen werden.

Hausfriedensbruch durch Kinder:
Kinder unter 14 Jahren sind nicht strafmündig.

Hausfriedensbruch durch Hunde:
Tiere können keinen Hausfriedensbruch begehen. Läuft ein Hund über ein Grundstück, bleibt dies straffrei.

Hausfriedensbruch durch den Nachbarn:
Auch Nachbarn können Täter sein. Aufgrund der Kenntnis der Besitzverhältnisse wird häufig Vorsatz angenommen.

Hausfriedensbruch in „lost places“:
Das Betreten verlassener Gebäude kann strafbar sein, wenn ein Eigentümer existiert. Fehlen jedoch erkennbar Schutzvorkehrungen, kann Vorsatz fehlen.

Hausfriedensbruch nach Hausverbot:
Ein ausgesprochenes Hausverbot muss beachtet werden. Verstöße sind strafbar – auch mündlich erteilte Verbote sind wirksam.

Hausfriedensbruch nach Stadionverbot:
Das Betreten eines Stadions trotz Stadionverbots erfüllt den Tatbestand.

Hausfriedensbruch in einer Wohngemeinschaft:
Jedes Mitglied hat ein Mitspracherecht. Bei Meinungsverschiedenheiten ist auf Zumutbarkeit abzustellen.

Hausfriedensbruch durch Inkassounternehmen:
Inkassodienste dürfen sich keinen Zutritt zur Wohnung verschaffen. Sie haben kein gesetzliches Betretungsrecht.


Strafe

Der Hausfriedensbruch wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Die konkrete Strafhöhe ist vom Einzelfall abhängig – etwa, ob der Beschuldigte Ersttäter ist, wie schwer das Eindringen wiegt und ob eine Versöhnung erfolgte.

In vielen Fällen kann auch eine Einstellung des Verfahrens – ggf. gegen Auflage – erreicht werden. Diese erscheint nicht im Führungszeugnis.

Wenn es sich jedoch um einen schweren Hausfriedensbruch (§ 124 StGB) handelt, ist ein höheres Strafmaß zu erwarten.


Schwerer Hausfriedensbruch (§ 124 StGB)

Der schwere Hausfriedensbruch ist eine qualifizierte Form des § 123 StGB und stellt eine Straftat gegen die öffentliche Ordnung dar. Er liegt vor, wenn sich eine Menschenmenge zusammenschließt, um gemeinsam Gewalttaten zu begehen, und dabei in geschützte Räume eindringt oder daran mitwirkt.

Tatbestandsmerkmale

  • Menschenmenge: Eine Gruppe von mindestens etwa 10–20 Personen, deren Verhalten unüberschaubar wird.

  • Zusammenrottung: Eine zielgerichtete Verbindung mit gemeinsamer Gewaltabsicht.

  • Absicht gemeinschaftlicher Gewalttaten: Bereits die Planung genügt, auch wenn keine tatsächliche Gewalt ausgeübt wird.

  • Teilnahme: Auch wer nicht selbst eindringt, kann strafbar sein, wenn er die Aktion unterstützt.

Subjektiver Tatbestand

Erforderlich ist Vorsatz – also das Wissen und Wollen, an einer gewaltbereiten Menschenmenge teilzunehmen, die in geschützte Räume eindringt. Fehlt diese Kenntnis oder Absicht, entfällt die Strafbarkeit.

Strafmaß

Der schwere Hausfriedensbruch wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe bestraft.

Milderung ist möglich bei untergeordneter Beteiligung, fehlender Gewalt oder kooperativem Verhalten. Eine Strafschärfung droht bei Organisation, Wiederholung oder zusätzlichen Delikten.

Praxisbeispiel

Ein Student filmt bei einer Demonstration den Sturm auf ein leerstehendes Gebäude, ohne selbst einzudringen.
Er wird wegen schweren Hausfriedensbruchs beschuldigt.
Ergebnis: Einstellung des Verfahrens mangels Vorsatz und Beteiligung.

Fazit

Der schwere Hausfriedensbruch (§ 124 StGB) ist ein ernster Tatbestand, der schnell zu Ermittlungen führen kann – auch gegen Unbeteiligte. Frühzeitige anwaltliche Beratung ist entscheidend, um die Rechte des Beschuldigten zu sichern.

Unterschied: Hausverbot – Landfriedensbruch 

Obgleich sich der Hausfriedensbruch und der Landfriedensbruch begrifflich ähneln, werden vollkommen verschiedene Sachverhalte unter Strafe gestellt.

Während der Hausfriedensbruch nach § 123 StGB den Inhaber des Hausrechts vor dem unbefugten Betreten seines Grundstückes schützt, stellt der Landfriedensbruch nach § 125 StGB die Beteiligung an Gewalttätigkeiten aus Menschenmengen unter Strafe.

Am ehesten ähneln sich noch der schwere Hausfriedensbruch, gem. § 124 StGB und der Landfriedensbruch, wobei auch hier jeweils unterschiedliche Rechtsgüter betroffen und geschützt sind.

Häufige Fragen

Der Mieter darf selbst entscheiden, wer sich wann in seiner Wohnung aufhalten darf. Vermieter dürfen grundsätzlich also keine Schlüssel einbehalten. Betritt der Vermieter nun ohne Erlaubnis des Mieters die Wohnung, so begeht er Hausfriedensbruch.

Ein unberechtigtes Eindringen kann auch vorliegen, wenn zu einem früheren Zeitpunkt eine Zutrittsmöglichkeit von dem Berechtigten verschafft wurde. Wichtig ist allerdings, ob das Einverständnis zum Zeitpunkt des Eindringens noch vorhanden ist. Bei einer Trennung kann man aber grundsätzlich davon ausgehen, dass die Zustimmung zum Betreten entzogen/aufgehoben wurde.
Der maßgebliche Unterschied lässt sich bei den Absichten des Täters finden. Wenn das Ziel der Tat z.B. ist, sich in der fremden Wohnung Sachen anzueignen, liegt ein “Wohnungseinbruchsdiebstahl” im Sinne des § 244 I Nr. 3 StGB vor.

Auch bei offenen Türen, sind die Räumlichkeiten trotzdem geschützte Bereiche und damit nicht zu betreten. Betritt man die Räumlichkeiten doch, macht man sich in der Regel des “Hausfriedensbruchs” strafbar.

Ist ein Grundstück nur teilweise, symbolisch (z.B. mit Schildern) oder gar nicht abgegrenzt, so ist je nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ob ein Hausfriedensbruch vorliegt.

Allein die Missachtung von Verbots- und Warnschildern wie “Achtung! Betreten verboten!” reichen für eine Strafbarkeit wegen Hausfriedensbruch nicht aus. Das Grundstück muss in irgendeiner Weise erkennbar abgegrenzt und gesichert sein.

Der Hausfriedensbruch ist wegen § 123 StGB ein Straftat und keine Ordnungswidrigkeit. Es kann also durchaus eine Gefängnisstrafe drohen! Allerdings muss das Opfer Strafantrag stellen.

Der “einfache” Hausfriedensbruch nach § 123 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Der “einfache” Hausfriedensbruch nach § 123 StGB verfährt gem. § 78 Abs. 3 Nr. 5 StGB nach drei Jahren. Das bedeutet, dass nach dieser Zeit die Tat nicht mehr von den zuständigen Behörden strafrechtlich verfolgt werden kann.

Weitere Beiträge