Verjährung von Straftaten

Die Verjährung ist den meisten Leuten aus dem Zivilrecht bekannt. Wartet man zulange damit eine Forderung geltend zu machen, kann es sein, dass sich die Gegenpartei auf die Verjährung beruft. Aber auch das Strafrecht kennt eine Verjährung. Die strafrechtliche Verjährung hat dabei freilich nichts mit der zivilrechtlichen Verjährung zu tun. Bei der strafrechtlichen Verjährung geht…

Aktualisiert

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Über den AutorTommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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Was ist (strafrechtliche) „Verjährung“?

Ist eine Straftat verjährt, verzichtet der Staat auf die Ausübung seiner Strafgewalt. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Strafverfolgungsverjährung. Dabei gibt es keine allgemeine Verjährungsfrist, die für alle Straftaten gleichermaßen gilt. Vielmehr wird bei der strafrechtlichen Verjährung auf die im Höchstmaß zu erwartende Strafe abgestellt. Da das deutsche Strafrecht auch nicht auf Gedanken wie Rache, sondern primär auf Zielen wie Resozialisierung und Prävention basiert, „verjähren“ letztlich auch Straftaten. Nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums nach einer Tat, wird davon ausgegangen, dass es keiner Prävention mit den Mitteln des Strafrechts mehr bedarf. Daneben ist ein Sachverhalt auch umso schwerer aufzuklären, desto mehr Zeit verstreicht.

Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung

Für das Strafrecht gibt es nicht nur eine relevante Verjährung, sondern gleich zwei. Man unterscheidet zwischen der Verfolgungsverjährung und der Vollstreckungsverjährung.

Die Verfolgungsverjährung

Bei der Verfolgungsverjährung geht es darum, ab wann eine Straftat nicht mehr verfolgt werden kann, mithin verjährt ist. Ist die Verjährung für eine Straftat eingetreten, droht also kein Strafverfahren mehr.

Fristen in der Strafverfolgungsverjährung

Die Fristen der Strafverfolgungverjährung sind in § 78 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Die Länge der Verjährungsfrist richtet sich nach dem angedrohten Strafmaß der jeweiligen Straftat. Daher verjähren Vergehen in der Regel schneller als Verbrechen. Aber auch unter den Vergehen und Verbrechen gibt es unterschiedliche Verjährungsfristen.

Die Fristen im Einzelnen

Das Strafgesetzbuch kennt folgende Verjährungsfristen für die Strafverfolgung:

  • Lebenslange Höchststrafe: 30 Jahre Verjährungsfrist
  • mehr als 10 Jahre Höchststrafe: 20 Jahre Verjährungsfrist
  • mehr als 5 Jahre Höchststrafe: 10 Jahre Verjährungsfrist
  • mehr als 1 Jahr bis 5 Jahre Höchststrafe: 5 Jahre Verjährungsfrist
  • 1 Jahr Höchststrafe oder darunter: 3 Jahre Verjährungsfrist

Strafverfolgungsverjährung: Beispiele

Der einfache Hausfriedensbruch wird mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr geahndet. Da bei einer Verurteilung nur ein Jahr Freiheitsstrafe im Höchstmaß erfolgen kann, ordnet § 78  Abs. 3 Nr. 5 StGB eine Verjährung der Verfolgung nach 3 Jahren an.

Weitere Beispiele für eine Verjährung von drei Jahren sind:

  • die Bedrohung, § 241 StGB
  • die Trunkenheit im Verkehr, § 316 StGB

Eine einfache Körperverletzung verjährt indes erst nach 5 Jahren, da diese mit höchstens fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft wird.

Weitere Bespiele für eine Verjährung von fünf Jahren sind:

  • der Diebstahl, § 242 StGB
  • die Unterschlagung, § 246 StGB
  • die fahrlässige Körperverletzung, § 229 StGB
  • die Begünstigung, § 257 StGB
  • die Hehlerei, § 259 StGB
  • die Urkundenfälschung, § 267 StGB
  • der Betrug, § 263 StGB
  • die Nötigung, § 240 StGB
  • das unerlaubte Entfernen vom Unfallort, § 142 StGB
  • die Falschaussage, § 153 StGB
  • die Sachbeschädigung, § 303 StGB

Verjährung von Straftaten

Handelt es sich aber um eine gefährliche Körperverletzung beträgt das Strafmaß Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Die Verfolgungsverjährung tritt daher erst nach zehn Jahren ein.

Weitere Bespiele für eine Verjährung von zehn Jahren sind:

  • die einfache Brandstiftung, § 306 StGB
  • die schwere Körperverletzung, § 226 StGB
  • der sexuelle Missbrauch von Kindern, § 176 StGB
  • der Diebstahl mit Waffen, Bandendiebstahl oder Wohnungseinbruchdiebstahl, § 244 StGB

Ein Totschlag verjährt erst nach 20 Jahren. Der Totschlag wird mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren geahndet. Zwar nennt das Gesetz in § 212 StGB keine Höchststrafe, diese beträgt diesem Falle aber nach § 38 StGB 15 Jahre.  Weitere Bespiele für eine Verjährung von zwanzig Jahren sind:

  • der Raub, § 249 StGB
  • die Körperverletzung mit Todesfolge, § 227 StGB
  • die räuberische Erpressung, §§ 253, 255 StGB

Bei einem Raub mit Todesfolge beträgt die Verjährungsfrist dreißig Jahre, denn § 251 StGB nennt ausdrücklich die lebenslange Freiheitsstrafe.

Ein weiteres Beispiel für eine Verjährung nach dreißig Jahren ist die Brandstiftung mit Todesfolge, § 306c StGB.

Hemmung der Verjährung

Bei der Strafverfolgungsverjährung kann in bestimmten Fällen eine Verjährungsunterbrechung eintreten (Hemmung), d. h. die Frist läuft nicht weiter. Dies kann sein aufgrund einer Mitteilung an den Beschuldigten, dass gegen ihn ein Ermittlungsverfahren anhängig ist, oder die erste Beschuldigtenvernehmung, jede Beauftragung eines Sachverständigen durch die Staatsanwaltschaft oder den Richter, jede richterliche Beschlagnahme- oder Durchsuchungsanordnung, einen Haftbefehl, einen Unterbringungs- oder Vorführungsbefehl, die Anklageerhebung, die Eröffnung des Hauptverfahrens, den Erlass eines Strafbefehls. Nach jeder dieser Unterbrechungshandlungen beginnt die Verjährung von neuem. Die endgültige Strafverfolgungsverjährung tritt nach Ablauf der doppelten gesetzlichen Verjährungsfrist ein.

Auch eine „Flucht in die Verjährung“ ist nicht länger möglich. So lief die Verjährungsfrist, wenn sich ein Beschuldigter im Ausland aufhielt, selbst dann weiter, wenn die Behörden seine Auslieferung betrieben haben. Mit Gesetzesänderung im Jahr 2005 ist dieser „Fluchtweg“ allerdings versperrt. Betreiben die Strafverfolgungsbehörden die Auslieferung eines im Ausland befindlichen Beschuldigten, so ruht nunmehr die Verjährung der Straftat.

Vollstreckungsverjährung

Im Unterschied zur Verfolgungsverjährung wird die Vollstreckungsverjährung relevant, wenn es aufgrund einer Straftat bereits zum rechtskräftigem Urteil gekommen ist. Soweit es in einem Urteil zur Verhängung einer Strafe oder Maßnahme gekommen ist, kann diese nach Ablauf der Vollstreckungsverjährung nicht mehr vollstreckt, also umgesetzt werden.

Verjährung von Straftaten

Fristen in der Strafvollstreckungsverjährung

Die Fristen der Strafvollstreckungsverjährung sind in § 79 StGB geregelt. Die Länge der Verjährungsfrist richtet sich nach den festgelegten Strafen. Je höher die Strafe in einem Urteil ausfällt, desto länger ist auch die Frist für die Vollstreckungsverjährung.

Die Fristen im Einzelnen

In § 79 Abs. 3 StGB sind folgende Fristen enthalten:

  • 25 Jahre bei einer Freiheitsstrafe von mehr als 10 Jahren
  • 20 Jahre bei Freiheitsstrafe zwischen mehr als 5 Jahren bis zu 10 Jahren
  • 10 Jahre bei Freiheitsstrafen von mehr als einem Jahr bis zu 5 Jahren
  • 5 Jahre bei Freiheitsstrafen bis zu einem Jahr oder bei einer Geldstrafe von mehr als 30 Tagessätzen
  • 3 Jahre bei einer Geldstrafe bis zu 30 Tagessätzen

Ausnahmen

Von der Vollstreckungsverjährung ausgenommen sind indes die Sicherheitsverwahrung und lebenslange Freiheitsstrafen.

Verjährungsfristen im Führungszeugnis

Völlig unabhängig von der Strafverfolgung- und Strafvollstreckungsverjährung ist die Frage zu behandeln ob und wann etwas in das Führungszeugnis und andere Register eingetragen wird und wann ein solcher Eintrag verjährt, bzw. entfernt werden kann.

Weitere Informationen zu diesem Thema sind im Beitrag: Was gelangt alles in das Führungszeugnis? zu finden.

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