Versuch

Handlungen eines Täters sind nicht immer bis zuletzt geplant bzw. planbar, können vom eigentlichen Tatplan abweichen oder nicht das gewünschte Ziel erreichen. Auch Motive wie Reue, Einsicht und Gewissensbisse können dazu führen, dass der Täter seine Pläne nicht verwirklicht und folglich die Tat nicht zu Ende bringt. Ein solcher „Abbruch“ kann trotz dessen als sog.…

Aktualisiert

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Über den AutorTommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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Was ist ein „Versuch“?

Der Versuch bezeichnet das strafbare Stadium der Handlung des Täters, das zwischen der straflosen Tatvorbereitung und der (in jedem Fall) strafbaren Tatvollendung liegt. Sobald der Täter alle Merkmale eines Straftatbestandes erfüllt hat, geht der Versuch in die Vollendung über.

Wann ist ein „Versuch“ strafbar?

Die Strafbarkeit eines Versuchs ist in § 23 StGB festgelegt. Dort heißt es:

(1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.

(2) Der Versuch kann milder bestraft werden als die vollendete Tat (§ 49 Abs. 1).

(3) Hat der Täter aus grobem Unverstand verkannt, daß der Versuch nach der Art des Gegenstandes, an dem, oder des Mittels, mit dem die Tat begangen werden sollte, überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte, so kann das Gericht von Strafe absehen oder die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2).

Verbrechen oder Vergehen

Ob der Versuch einer Straftat strafbar ist, richtet sich danach, ob das Delikt ein Verbrechen oder ein Vergehen ist (vgl. §§ 23 Abs. 1, 12 StGB).

Ein Verbrechen ist eine Straftat, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht ist (z.B. Raub, Vergewaltigung etc.). Wird es versucht, so ist dies stets strafbar. Ein Vergehen ist hingegen eine Straftat, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder mit einer Geldstrafe bedroht wird. Dessen Versuch ist nur strafbar, wenn dies im jeweiligen Straftatbestand bestimmt ist (z.B. Körperverletzung, Sachbeschädigung).

Tatentschluss

Der Täter muss zur Tat fest entschlossen sein. Er muss den endgültigen Handlungswillen zur Verwirklichung des jeweiligen Straftatbestandes gehabt haben. Dies setzt voraus, dass er vorsätzlich, also mit Wissen und Wollen des Straftatbestands gehandelt hat. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter die Straftat billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Handelt der Täter jedoch nur fahrlässig, also lässt er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so liegt keine Versuchsstrafbarkeit vor, da das Gesetz eine solche Tat nicht unter Strafe stellt.

Unmittelbares Ansetzen

Der Täter muss zudem nach seinen Vorstellungen unmittelbar zur Tat angesetzt haben (§ 22 StGB). Hierfür muss er die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar, also ohne wesentliche Zwischenakte, eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben.

Beispiele:

  • das Ausholen zum Schlag
  • das Klingeln beim Opfer, um es sofort nach dem Öffnen niederzuschlagen
  • Verkaufsverhandlungen bei Betäubungsmittelgeschäften

Zuweilen kann es problematisch sein, wann ein Täter unmittelbar ansetzt, wenn mehrere Täter an einer Straftat beteiligt sind.

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„Rücktritt“: § 24 StGB

(1) Wegen Versuchs wird nicht bestraft, wer freiwillig die weitere Ausführung der Tat aufgibt oder deren Vollendung verhindert. Wird die Tat ohne Zutun des Zurücktretenden nicht vollendet, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung zu verhindern.

(2) Sind an der Tat mehrere beteiligt, so wird wegen Versuchs nicht bestraft, wer freiwillig die Vollendung verhindert. Jedoch genügt zu seiner Straflosigkeit sein freiwilliges und ernsthaftes Bemühen, die Vollendung der Tat zu verhindern, wenn sie ohne sein Zutun nicht vollendet oder unabhängig von seinem früheren Tatbeitrag begangen wird.

Das Gesetz räumt dem Täter ein, straffrei zu bleiben, wenn er rechtzeitig von seinem Versuch der Strafbarkeit zurücktritt (vgl. § 24 StGB). Damit soll dem Täter ein Anreiz geschaffen werden, die Tat aufzugeben. Es handelt sich um eine Regelung, die mittelbar dem Opfer-Schutz zu Gute kommen soll.

Für das Absehen von Strafe wird vorausgesetzt, dass der Täter freiwillig, also aus selbstbestimmten Motiven, die weitere Ausführung der Tat aufgegeben oder deren Vollendung verhindert hat. Wird die Tat trotz Handlungen des Täters nicht verwirklicht, so bleibt er dennoch straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, die Vollendung der Straftat zu verhindern.

Beispiele:

  • das Einleiten rettender Erste-Hilfe-Maßnahmen
  • das Holen von Hilfe

Sind mehrere an einer Tat beteiligt, so gelten besondere Rücktrittsregeln (vgl. § 24 Abs. 2 StGB).

Strafe

Der Strafrahmen richtet sich nach der Straftat, die der Täter versucht hat. Der Versuch kann jedoch nach §§ 23 Abs. 2, 49 Abs. 1 StGB milder bestraft werden als die vollendete Tat.

Zudem kann das Gericht nach §§ 23 Abs. 3, 49 Abs. 2 StGB von einer Strafe absehen oder nach seinem Ermessen mildern, wenn der Täter aus völlig abwegigen Umständen verkannt hat, dass die Tat überhaupt nicht zur Vollendung führen konnte (sog. grober Unverstand). Das liegt beispielsweise vor, wenn der Täter denkt, er könne mittels Spielzeugpistole oder Zucker einen Menschen töten.

Straffrei bleiben hingegen abergläubische Versuche, bei dem der Täter denkt, er könne mittels Totbeten oder Verhexen einen Menschen töten.

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