Amtsanmaßung

Zu Karneval als Polizist oder Offizier verkleidet? Aufgepasst! Unter gewissen Umständen kann es hier zum Strafbestand der „Amtsanmaßung“ gem. § 132 Strafgesetzbuch (StGB) kommen. Im folgenden Beitrag erfahren Sie, unter welchen Umständen Sie der Amtsanmaßung beschuldigt werden können und welche Strafen auf Sie zukommen können. 

Aktualisiert

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Über den AutorTommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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Was ist eine „Amtsanmaßung“?

Eine Amtsanmaßung liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich ein öffentliches Amt ausübt (Alt. 1) oder (unberechtigte) Handlungen vornimmt, die nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden dürfen (Alt. 2).

Wann ist eine „Amtsanmaßung“ strafbar?

Der Straftatbestand schützt die Autorität des Staates und die Funktionsfähigkeit seiner Behörden.  Um sich nach § 132 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

Tathandlung: Ausübung bzw. Vornahme

Der Täter müsste ein öffentliches Amt ausgeübt (Alt. 1) oder eine Amtshandlung vorgenommen (Alt. 2) haben.

Der Täter muss sich zum einen als Amtsinhaber, z.B. als

  • Polizist
  • Gerichtsvollzieher
  • Richter
  • Staatsanwalt
  • Offizier der Bundeswehr

 

ausgeben, und darüber hinaus eine konkrete Diensthandlung vornehmen. Für eine Strafbarkeit ist es daher nicht ausreichend, wenn man sich nur als Amtsinhaber ausgibt, ohne eine Handlung vorzunehmen.

Es würde sich somit nicht strafbar machen, wer in einer Polizeiuniform bloß durch die Straßen spaziert, ohne weitere „Diensthandlungen“ vorzunehmen. Ebenso kann strafrechtlich nicht belangt werden, wer sich gegenüber der Polizei als Staatsanwalt ausgibt, ohne weitere Anweisungen zu erteilen. Gibt sich der Beschuldigte als Inhaber eines Amtes aus, welches überhaupt nicht (mehr) existiert (z.B. „Reichsinspektor“), und verkleidet er sich als solcher, macht er sich ebenfalls nicht strafbar.

Es ist dabei nicht entscheidend, ob sich der Beschuldigte selbst aktiv als Amtsinhaber ausgibt. Ausreichend zur Erfüllung des Tatbestandes und für eine Strafbarkeit ist bereits, wenn durch schlüssiges Handeln der äußere Anschein einer Amtsinhaberschaft erweckt wird.

Es ist daher nicht erforderlich, dass sich ein „falscher Polizist“ im Rahmen einer Verkehrskontrolle als solcher ausgibt. Vielmehr genügt bereits das Auftreten in Uniform mit entsprechender Durchführung der Verkehrskontrolle („Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte!“), um den Tatbestand zu erfüllen.

Wer Freude am Verkleiden hat, sollte daher vorsichtig sein! Eine Amtsanmaßung ist auch zu Fasching und Karneval möglich. Insbesondere das Tragen einer Polizeiuniform kann auch zu Karneval zu Problemen führen, wenn zusätzlich (vermeintliche) Diensthandlungen vorgenommen werden – etwas das Aussprechen eines Platzverweises oder die Festnahme.

Unbefugt

Der Täter muss unbefugt gehandelt haben. Das liegt vor, wenn der Täter kein Recht zu solch einer Handlung hatte. Das ist der Fall, wenn er beispielsweise sein Amt unwirksam erschlichen hat.

Vorsatz

Der Täter muss die Amtsanmaßung vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Handelt der Täter jedoch nur fahrlässig, also lässt er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so liegt keine Amtsanmaßung vor, da das Gesetz eine solche Tat nicht unter Strafe stellt.

Versuch

Der Versuch ist mangels gesetzlicher Verankerung nicht strafbar.

Strafantrag

Bei der Amtsanmaßung handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.

Amtsanmaßung

Beispiele aus der Praxis

Ausgeben als jemand anderes

Wer sich als eine andere Person ausgibt, macht sich nicht der Amtsanmaßung strafbar. Es sei denn, bei der „anderen Person“ handelt sich um einen Amtsträger und es wird eine Diensthandlung vorgenommen.

Es können hier aber andere Delikte in Betracht kommen – ggf. ein Betrug, eine Nötigung oder eine Urkundenfälschung.

Ausgeben als falscher Polizist

Das bloße Verkleiden als Polizist für sich genommen – z.B. mit einem T-Shirt oder einem Kostüm – ist noch nicht strafbar. Hinzutreten muss immer auch die Vornahme einer konkreten Diensthandlung.

Eine Amtsanmaßung liegt daher vor, wenn ein „falscher Polizist“ etwa eine Vernehmung, Beschlagnahme, Sicherstellung, vorläufige Festnahme, Durchsuchung oder Verkehrskontrolle („Blitzer“) durchführt oder verkleidet Strafzettel verteilt. Ebenso ist es strafbar, wenn ein Platzverweise erteilt oder der Verkehr geregelt wird.

Auch wenn die einzelnen Handlungen nur als Scherz gemeint sein sollten, um einen Freund oder einen unliebsamen Nachbarn zu ärgern, liegt hierin eine Strafbarkeit – ebenso bei Karneval und Fasching oder im Rahmen einer Party.

Platzverweis durch Privatpersonen

Wer als Privatperson einen Platzverweis oder ein Hausverbot ausspricht macht sich nicht der Amtsanmaßung strafbar. Jedenfalls dann nicht, wenn er z.B. als Mieter oder Eigentümer eines Hauses hierzu befugt ist. Im Gegenteil: Wer anschließend gegen das Hausverbot verstößt, macht des Hausfriedensbruchs nach § 123 StGB strafbar.

Unzulässig wäre es allerdings, sich für einen Platzverweis als Polizist auszugeben.

Ausgeben als Gerichtsvollzieher

Wer sich gegenüber einem anderen als Gerichtsvollzieher ausgibt, und Pfandmarken („Kuckuck“) an dessen Sachen anbringt, um hierdurch den Eindruck einer Pfändung im Rahmen einer Zwangsvollstreckung zu erwecken, macht sich strafbar.

Denn bei dem Anbringen eines Pfandzeichens handelt es sich um eine öffentliche Aufgaben, die nur kraft eines verliehenen öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf.

Fahren mit Blaulicht

Private Fahrzeuge dürfen nur unter den besonderen Voraussetzungen des § 52 Abs. 3 StVZO ein Blaulicht verwenden.

Wer das Blaulicht unbefugt verwendet, um schneller durch den Verkehr zu kommen, macht sich der Amtsanmaßung schuldig, da er bei den anderen Verkehrsteilnehmern durch das Verwenden des Blaulichts den Anschein hoheitlichen Handelns erweckt. Somit kann eben auch das Fahren mit Blaulicht zu einer Strafe gem. § 132 StGB führen.

Es macht sich daher strafbar, wer an seinen privaten Pkw ein Blaulicht montiert und dieses (privat) verwendet. Denn hierdurch wird bereits durch das äußere Erscheinungsbild der Eindruck von hoheitlichen Handelns erweckt. Gleiches gilt auch bei anderen Einsatzwegen – etwa der Feuerwehr, einem Krankenwagen oder einem Rettungswagen. Dies gilt umso mehr, wenn durch das äußere Erscheinungsbild des Autos der Anschein eines „offiziellen Polizeiwagens“ erweckt wird.

Aufstellen von Verkehrszeichen

Auch das Aufstellen von Verkehrsschildern oder Verkehrszeichen stellt mitunter eine Straftat dar. In der Praxis kommt das Aufstellen von selbst gemalten „Tempo 30-Schildern“ oder Zebrastreifen durch Anwohner von vielbefahrenen Straßen vor.

Zwar ist das Anliegen – der Schutz von Kindern vor den Gefahren des Straßenverkehrs – löblich, allerdings dürfen verkehrsregelnde Schilder nur durch die zuständige Behörde aufgestellt werden.

Eine Strafbarkeit besteht auch für Fälle, in denen ein bestehendes (richtiges) Verkehrsschild verrückt wird. Das Verschieben eines Halteverbots- bzw. Parkverbotsschilds, damit das eigene Fahrzeug nicht (mehr) im Halteverbot bzw. Parkverbot steht, fällt entsprechend unter die Strafnorm.

Hiervon sind Fälle zu unterscheiden, in denen Verkehrsschilder (Vorfahrtsschilder, Tempolimits) entfernt oder verrückt werden. Hier kann eine Strafbarkeit wegen eines „Gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr“ nach § 315b StGB in Betracht kommen.

Amtsanmaßung

Amtsanmaßung am Telefon

Eine strafbare Amtsanmaßung kann auch am Telefon erfolgen.

Wer sich am Telefon z.B. als Polizist oder Mitarbeiter des Ordnungsamts ausgibt, und eine konkrete Anweisung gibt, die nur von Polizisten oder nur von den Ordnungsbehörden erteilt werden dürfen, macht sich strafbar. Die Grenze zur Straflosigkeit wird dort gezogen werden müssen, wo im Falle des Nichtbefolgens der Anweisung Sanktionen angedroht werden. Die Grenzen sind freilich fließend.

Aus diesen Gründen sind bloße unfreundliche, telefonische Bitten an den Nachbarn, leiser zu sein, unter der Angabe, man sei Polizist, nicht strafrechtlich relevant.

Gleiches gilt, wer sich telefonisch gegenüber dem Ordnungsamt als Polizist ausgibt, um an Informationen über einen Dritten zu gelangen, wenn diese Informationen ohnehin jedem erteilt worden wären.

Aufstellen einer „Blitzer-Atrappe“

Das Aufstellen einer funktionslosen „Blitzer-Attrappe“ im eigenen Garten kann eine Amtsanmaßung darstellen. Denn bereits das Aufstellen eines Blitzers darf nur von Amtsträgern vorgenommen werden.

Amtsamaßung in der Bundeswehr

Auch innerhalb der Bundeswehr ist eine strafbare Amtsanmaßung möglich.

Wer vorgibt über einen ranghöheren Dienstgrad – z.B. Offizier, General oder Hauptmann – zu verfügen, welcher tatsächlich nicht vorliegt, macht sich strafbar. Eine Strafbarkeit ist auch für denjenigen gegeben, der eine alte Uniform anlegt, obgleich er nicht mehr bei der Bundeswehr dient. Hinzu treten muss allerdings, dass der Täter Befehle an seine vermeintlichen Untergebenen erteilt.

Es macht sich daher z.B. strafbar, wer sich als Offizier ausgibt, obwohl er diesen Rang nicht inne hat.

Ausgeben als Anwalt

Wer sich als Rechtsanwalt ausgibt, macht sich (allein deshalb) noch nicht wegen einer Amtsanmaßung strafbar. Denn bei einem Rechtsanwalt handelt sich nicht um ein hoheitliches Amt. Die Zulassung wird über die jeweilige Rechtsanwaltskammer erteilt.

Hier kommt aber eine Strafbarkeit nach § 132a StGB (Missbrauch von Titeln) oder § 263 StGB (Betrug) in Betracht.

Strafe

Die Amtsanmaßung nach § 132 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Dieser Strafrahmen gilt für jede einzelne Tat. Gerade bei einem langen Tatzeitraum mit vielen vorgeworfenen Tathandlungen drohen empfindliche Strafen – regelmäßig eine Geldstrafe, aber auch Haftstrafen sind möglich. Unter Umständen kann aber die Einstellung des Verfahrens – ggf. gegen eine Auflage – erreicht werden.

Die konkrete Strafe ist von den jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls abhängig, sodass pauschale Aussagen nicht möglich sind. Für die Bemessung der einzelnen Strafen sind u.a. folgende Umstände von Bedeutung

  1. Die Häufigkeit der vorgenommenen Tätigkeiten (z.B. Wie oft wird sich als Polizist ausgegeben?)
  2. deren Intensität (Welche Diensthandlungen wurden ausgeführt?)
  3. die Motivation des Täters (Bestehen finanzielle Interessen?)
  4. sowie die Auswirkungen das Handeln.

 

Häufig wird gleichfalls ein „Missbrauch von Titeln“ nach § 132a StGB vorliegen, sodass noch eine zusätzliche Strafbarkeit in Betracht kommt.

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